A096A Kamera-Objektiv zweckentfremdet?

Dieses Kamera-Objektiv ist bereits von vorne sofort als "normales" Foto-Objektiv erkennbar: Es hat eine innenliegende Irisblende. Wer ein
solches Objektiv in einen Tubus verbaut, sollte eigentlich auf die Funktion dieser Iris-Blende achten, die von F4 bis F16 eingestellt werden 
kann. Genutzt, möglicherweise auch verkauft, wurde dieses "Teleskop" jedoch als visuelles LOMO-Fernrohr, ohne sich klar zu sein, welche
Schwächen ein solches, mißbräuchlich verwendetes, Objektiv haben könnte. Obwohl die vordere Beschriftung ein APOCHROMATIC Objektiv
verspricht, wäre das Sekundäre Spektrum gerade einmal mit einem Fraunhofer Objektiv vergleichbar. Das rote Spektrum liegt weit hinter
Blau-Grün und wird bei 632.8 nm wave regelrecht abgeschnitten, sodaß H-alpha mit 656.3 nm wave kaum noch durchkommt. Damit bekom-
men die Bilder eine Art Blaustich, über dem ein roter "Schleier" liegt.

Der Sternfreund benutzte dieses "Kleinod" ausschließlich visuell und ich bezweifle, daß er damit eine der üblichen scharfen Bilder bekommen
hat, wie man sie von visuellen Teleskopen ähnlicher optischer Daten bekommt. Dieses Objekt mag also als Kamera-Objektiv in orginaler
Bauweise gut sein und deswegen 3 000.- Euro wert gewesen sein, aber hinsichtlich visuellem Gebrauch eine üble Täuschung. Optimieren kann
man in dieser Hinsicht nichts: Weder der vorhandene Astigmatismus läßt sich minimieren, noch die deutliche Überkorrektur und schon gar
nicht das Sekundäre Spektrum. Als Kamera-Optik ist es mit einem Bildfeld-Durchmesser von ca. 40 mm durchaus verwendbar und würde
vielleicht einen Preis von ca. 1 000.- Euro rechtfertigen. Nur visuell ist diese Optik nicht vermittelbar, für Anwender, die sich ein bißchen
mit Optik auskennen.


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In den oberen weißen Tubus wurde das Foto-Objektiv so verbaut, daß der Schiebe-Mechanismus der Blenden-Einstellung für den Benutzer
völlig verschwindet und demzufolge auf Blende F4 eingestellt bleibt. Bei einer kleineren Blende würde sich aber die Bildschärfe verbessern.


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Auf diesem Bild ist die Iris-Blende gut erkennbar - ich habe sie vorübergehend auf Blende 16 eingestellt. Die Aufschrift "APOCHROMATIC"
kann keinesfalls mit den üblichen Normen eines APO's für visuellen Gebrauch gleichgesetzt werden. Ein 4L (4 Linser) wäre ein weiterer
Hinweis auf ein Kamera-Objektiv. Mit dem Namen "LOMO " wurde der Sternfreund möglicherweise kräftig über den Tisch gezogen. 
Optischen Sachverstand wird man in diesem Fall nicht unterstellen dürfen.

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Am hinteren Ende des Objektiv wird die 4. Linse durch einen Schraubring gehalten. Dieser ist aus naheliegenden Gründen "verklebt",
ein weiteres Hindernis, sich mit dem Innenleben dieses Fotoobjektivs befassen zu können.

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Artificial Sky Test - Anfangsbericht ,  Einzel-Beispiele zum Artificial Sky Test , weitere Beispiele

Der Artificial Sky Test zeigt sofort alle optischen Eigenschaften. Rechts unten im Bild ein Beispiel, wie dieser Test bei einem APO auszu-
sehen hat. Als Foto-Objektiv würden die opt. Fehler in der Auflösung des Kamera-Sensors verschwinden, der im Bereich 16 x 16 Mikron
liegt, und mit dem weißen Quadrat dargestellt wird. Trotzdem zeigt das Bild zweierlei: a) die auffällige blau-Grün-Färbung, die dokumentiert,
daß der rote Fokus wo ganz woanders liegt und b) daß über das gesamte Bildfeld sowohl deutliche Achskoma und Astigmatismus
eine Rolle spielen. Die Überkorrektur ist bei diesem Test weniger gut sichtbar.


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Wer daraufhin das Bildfeld dieses Foto-Objektivs näher untersucht, wird feststellen, daß bis zu einem Bilddurchmesser von ca. 40 mm
die Abbildung trotz reduzierter Bildauflösung immer noch der Auflösung des Kamera-Sensors zu genügen scheint. Man wird damit
sicherlich recht ansprechende Astro-Fotos erzielen für den Blau-Grünen Bereich, nicht jedoch für das rote Spektrum.


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Etwas seltsam ist das Sekundäre Spektrum, das so gar nicht zu einer Astro-Kamera paßt. Der Fokus von Rot mit 632.8 nm wave
liegt am weitesten entfernt von Grün, dem Bezugspunkt. Damit fokussiert sich diese Farbe so, daß sie gar nicht mehr wahrnehmbar
ist bei diesem Test. Im übrigen ist Rot hinter 632.8 nm wave förmlich abgeschnitten. Bezogen auf die RC_Index-Zahl von Teleskopen
rangiert dieser Wert im Bereich eines ganz normalen Fraunhofer-Objektivs, bedingt durch den großen Abstand von Rot.


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Ein weiteres Indiz liefert der "farbliche" Interferometer-Test mit dem Bezugs-Null-Punkt bei Grün = e-Linie = 546.1 nm wave. (mittleres IGramm)
Während im kurzen Spektrum von Blau bis Grün der Fokus-Abstand sehr gering aussfällt, wäre der Fokus-Abstand ab Gelb deutlich Größer.
Alle Interferogramme zeigen überdies Überkorrektur, Achskoma und Astigmatismus.


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Die Hauptfarbe Grün wurde ausgewertet und ergibt folgendes differenziertes Ergebnis:

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- einen  äußerst niedrigen Strehl - visuell völlig unakzeptabel.
- viel zu große Werte für Astigmatismus, Koma und Spherical

A096 * LOMO Super APO 80/480 im Feld, das wäre ein Objektiv für visuelle Zwecke

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Die Energie-Verteilung (Point-Spread-Function) ist nur noch fotografisch akzeptierbar, visuell nicht.


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Visuell müßte das vorherige Bild so aussehen.


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Die Wellenfront-Darstellung läßt Übel-korrektur und Astigmatismus gut erkennen.

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Als visuelles Instrument kann man dieses Foto-Objektiv nicht verwenden - wenn man weiß, was ein Teleskop eigentlich leisten könnte.
Als Foto-Objektiv verschwinden die opt. Restfehler in  der Auflösung des Kamera-Sensors, und dann dienen eindruckvolle Rohbilder
zur Dokumentation des Sachverhaltes. Unter diesen Bedingungen könnte man über gute Aufnahmen und dem Namen "LOMO" einen
höheren Preis "herausschlagen" - nur zum visuellen Gebrauch sollte man es nicht verkaufen.