E013C * Strehl-Fixierung, Strehl-Inflation

großes Durcheinander beim Strehlbegriff

1.http://www.astrotreff.de/topic.asp?ARCHIVE=true&TOPIC_ID=44016 Kurt'sche Verlautbarungen
2. http://forum.astronomie.de/phpapps/ubbthreads/ubbthreads.php/ubb/showthreaded/Number/241478
3. http://forum.astronomie.de/phpapps/ubbthreads/ubbthreads.php/topics/170484/Re_Glattheit_vs_Strehl
4. http://www.astrotreff.de/pop_printer_friendly.asp?ARCHIVE=true&TOPIC_ID=107920
5. http://www.astrotreff.de/pop_printer_friendly.asp?ARCHIVE=true&TOPIC_ID=142100 

6. http://rohr.aiax.de/Is_that_really_your_Strehl_ratio.pdf

Fünf wahllos herausgesuchte Links zeigen, wie undefiniert bzw. unscharf selbst unter den Koryphäen schreib-aktiver Foren-User dieser
Begriff dargestellt wird: Im 3. Link findet eine Vermischung des Strehl-Begriffes mit der Flächen-Feinstruktur statt - Warum? Die
Erfassung der Wellenfront-Topografie über ein Interferogramm ist ein dermaßen grobes Raster, daß damit die Mikrorauhheit gar nicht
erfasst werden kann. Außerdem errechnet sich der Strehlwert aus dem RMS-Wert nach der Formel:    
 
Wobei der RMS-Wert und die Mikrorauhheit  sich nach Größenordnung erheblich unterscheiden würden und
am Strehlwert kaum etwas ändern können. Der entscheidende Unterschied liegt am Streulicht-Anteil, wie er durch verschieden rauhe
Spiegeloberflächen erzeugt wird. Die im 5.Link am 15.11.2012 19:53:09 Uhr veröffentlichte Formel für den Strehlwert ist falsch
Hätte man am Testreport leicht überprüfen können!
Strehl   

    

Aus einer etwas älteren Qualitäts-Urkunde von Carl Zeiss Jena errechnet sich die Definitions-Helligkeit (= Strehlwert) ausschließlich aus
dem RMS-Wert. Der wiederum entsteht über ein Interferogramm das die Topografie der Wellenfront darstellt. Die Interferenzlinien sind dann
die Höhenlinien der Wellenfront-Topografie und Abweichungen von der Idealform sind a) der PV-Wert und b) der über die Fläche gemittelte
RMS-Wert. Alle übrigen Erklärungen spannen eine riesige Diskussion auf, die nur in die Irre führt.
 


Auf die Frage (im 3. Link), ob Zit: "die Glattheit einer Spiegel-Oberfläche in den Strehlwert mit eingeht" erzählt ein ganz überzeugter
Beitrag: "Das ist keine Behauptung sondern definitiondgemäß gegeben." und beruft sich auch noch auf Suiter. Der Strehlwert basiert
auf dem Begriff der Wellenfront, im Idealfall eine Ebene aus der geometrischen Optik. Bereits hier ergibt sich ein großer Unterschied
zwischen der Wellenfront-Verformung als die größere Dimension und der Flächenrauhheit, als untergeordneter Dimension. Wer Lyot-
testbilder von Parabolspiegeln betrachtet, sieht die enorme Breite unterschiedlicher Dimensionen besonders auch im Vergleich der
sechs Spiegel.

Beschreibung des Strehl-Begriffes: 

Zur Berechnung des Strehlwertes einer Optik sind folgende Schritte erforderlich:
- In einem Testaufbau (meist Autokollimation) wird zunächst ein Interferogramm/Streifenbild erzeugt, dessen Interferenzstreifen als
  Höhen-Linien einer Topografie/Wellenfront aufgefaßt werden.
- Innerhalb eines Auswertprogrammes werden diese Interferenz-Linien über eine Punktlinie nachgezeichnet und
- über die ideal-typischen Zernike-Koeffizienten ausgewertet. Über den Abstand der Interferenz-Linien und über den
Abstand der Punkte verschwinden so die Strukturen, wie man sie aus der Mikrorauhheit kennt.


Alle diese Interferometer sind in Kapitel 6 ausreichend beschrieben.  Siehe auch: Dave Rowe: Induced Astigmatism    
   
Interessanterweise streuen aber nun die Ergebnisse (z.B. Spherical) zwischen verschiedenen Interferometern, sodaß der Wunsch entsteht,
den einzelnen Interferometer in irgendeiner Weise eichen zu können. Die offenbar Interferometer-abhängigen Strehlergebnisse im nächsten
Bild zeigen deutlich, auf welch wackligen Füßen eine Strehl-Ermittlung stehen kann. Die Spherical-Differenz bei gleichem Teleskop kann
ich derzeit noch nicht erklären.  

Man bezieht sich also auf eine geometrische Fläche ohne die Effekte der Mikro-Rauhheit und der Beugung. Der Strehlwert ist eine andere
Darstellungsform des RMS-Wertes
und bezieht sich auf die Wellenfront-Deformation. Der Strehl-Begriff 
gehört in den Bereich der geometri-
schen Optik und nicht zur Wellenoptik. Im Idealfall einer perfekten Wellenfront-Ebene wäre der 
Strehlwert 1.000 . Dabei wird dieser Wert
üblicherweise nur auf der opt. Achse eines Systems  ermittelt. Im Bildfeld - besonders bei einem  
fotografischen System - ist eine Strehl-
angabe nicht üblich, weshalb es dazu kaum belast
bare Beispiele gibt.

Der Strehlwert errechnet sich also aus dem RMS-Wert und bezieht sich auf die Wellenfront-Deformation. Auch der RMS-Wert enthält keine
Information über die Mikrorauhheit bzw. der Beugungs-Effekte. Interferogramme einer bestimmten  Wellenlänge werden als Höhenlinien
der Wellenfront-Topografie aufgefaßt und daraus unter Anwendung der Zernike Koeffizienten auf einen Strehlwert von 1.00 bis 0.0 umge-
rechnet: http://rohr.aiax.de/Strehl_K.JPG

Strehlwert bei einem Newton-Spiegel

Bei einem Newton-Spiegel hat man es mit nur einer optisch wirksamen Fläche zu tun, einem Rotations-Paraboloid. Auch hier beschreibt 
der Strehlwert nur die Wellenfront-Deformation auf der opt. Achse und läßt andere optischen Eigenschaften völlig außer acht. Ein 
wesentliches Merkmal, die Glätte der Fläche, die Mikrorauhheit, kann über den Strehlwert NICHT ausgedrückt werden. (Glatte Flächen
reduzieren das Streulicht und erhöhen den Bildkontrast.) (Während der Foucault- und Ronchi-Gitter-Test eine Analog-Aussage zum
Strehlwert sein können, gibt es beim Lyot-Test keine Entsprechung zum Strehl-Wert.)

Eine weitere Besonderheit bei Newton-Spiegel ist die thermische Besonderheit des Glaskörper, immer abhängig von Glasmaterial.
F098 Strehl u. Temperatur - wenn sich Spiegel durchbiegen . Durch diesen Effekt entstehen in der Beobachtungspraxis unterschied-
liche Strehlwerte, was dazu führt, daß ein perfekter Newton-Spiegel immer leicht unterkorrigiert sein sollte. Dadurch reduziert sich
der Strehlwert und relativiert den Wunsch nach einem perfekten Strehlwert von 0.99 .

Vielfach wird - als dritte Besonderheit - die Genauigkeit des ellipt. Planspiegels völlig vergessen, und auftauchende Fehler nur
beim Hauptspiegel gesucht, statt auch den Fangspiegel in die Untersuchung mit einzubeziehen. Das Kriterium "hoher Strehlwert"
für einen besonders guten Parabolspiegel muß also unbedingt differenziert bzw. relativiert werden.

Astigmatismus - Koma - Spherical

Nach der Zernike Tabelle ist der ermittelte Strehlwert die Summe dreier optische Fehler sowohl in der Grundordnung und in der
höheren Ordnung: a) der Astigmatismus, b) die Koma und c) die sphärische Aberration.

Für einen Parabolspiegel wäre nur ein signifikanter Astigmatismus der Grundordnung von Bedeutung. Trifoil- und Tetrafoil-
Astigmatismus würde man nicht sehen. Ein weiteres Argument bezieht sich auf die Größe des Rest-Astigmatismus, das ist die
Frage, ab welcher Größe man Rest-Astigmatismus überhaupt sehen würde. Noch wesentlicher ist, daß dem Parabol-Spiegel aus
schließlich der spiegel-eigene Wert zugeordnet werden darf, nicht etwa Fehlereinflüsse aus dem Testaufbau (z.B. Seeing), der
Spiegellagerung, der Hilfsoptiken oder dem Interferometer. Aus diesem Grund empfiehlt sich auch ein Zweistufen-Verfahren
bei der Auswertung von Parabol-Spiegeln. Weil der Rest-Astigmatismus den Strehlwert empfindlich nach unten ziehen kann,
ohne zu fragen, wie er zustande kommt, und wieviel davon nur dem Parabolspiegel zugeordnet werden kann, kommt diesem
ersten Testschritt - meist in RoC - besondere Bedeutung zu.

Wenn beispielsweise der Testaufbau mit einem Newton-Spiegel nicht sorgfältig zentriert worden war, zeigt sich im Interferogramm
Koma in Form von S-förmigen Linien und anderen Koma-Merkmalen. 
Ein Newton-System kann auf der opt. Achse keine Koma
haben, und die muß deshalb abgezogen/deaktiviert werden.

Sphärische Aberration bzw. Spherical ist immer eine Information über die Retouche eines Kugelspiegels in Richtung Parabol-
Spiegel. Ein Spiegel kann also über- oder ünterkorrigiert sein. In beiden Fällen reduziert sich der Strehlwert. Man muß also nach
dem Grund fragen, wenn der Spherical-Strehlwert-Anteil niedriger ist: Unterkorrigiert wäre weniger tragisch wie überkorrigiert.
Dazu käme die Frage nach abgesunkene Kante oder deutlich sichtbare Zonen. Die Flächenrauhheit läßt sich über den Strehlwert
leider nicht darstellen, ebensowenig die Obstruktion.

Wer also einen Newton-Spiegel leichtfertig mit dem Begriff "Gurke" belegt, beweist damit nur, daß ihm optisches Fachwissen
fehlt. Ebenso ist der Wunsch nach einem Strehl von 0.99, nur ein Beweis, daß sich der entsprechende Beitrag kaum mit opt.
Tatsachen auseinandergesetzt hat.

Anders als bei der Meßgenauigkeit im Metall-Bereich, wo 0.001 mm reproduzierbar sind, man also von Wiederholbarkeit sprechen
kann, ist ein Strehlwert auf der  3. Stellen hinter dem Komma nicht darstellbar. Selbst über die Auswertung von vielen Einzel-Inter-
ferogrammen und der Mittelung der Ergebnisse, wird das Strehl-Endergebnis nicht unbedingt genauer. Es bleibt "unscharf" auf
mindesten 1 - 2% vom Ergebnis. (Also 0.98 bis 0.99)   Nicht ohne Grund geben Zertifikat einen bestimmten "Strehlwert und besser"
an in Kenntnis der Unschärfe bei der Messung. Dabei ist die Vermutung, daß ein schlechteres Ergebnis das richtigere sein müßte,
ebenso unsachlich.

Bevor man also besonders in Foren eine Optik leichtfertig nieder-schreibt, wäre ein kompetenter Blick durch ein gescholtenes
Teleskop sehr viel sinnvoller.

Der Strehlwert bei Linsen-Optiken

Bei einem Refrakator spielt die Wellenlänge der Hauptfarbe Grün mit 550 nm wave oder der e-Linie = 546.1 nm wave, oder üblicher-
weise 532 nm wave der handelsüblichen Laser-Dioden eine Rolle. Einige Optik-Designer aus der Zunft der Theorie brachten deshalb
unverzüglich den Poly-Strehl ins Spiel, ein meßtechnisch kaum zu realisierender Begriff. Man hat auch Mühe, dazu kompetente
Beispiele der bekannten Optikfirmen zu finden. E006 Der Unfug mit dem Polychromatischen Strehl. Diese Idee scheitert an den
fehlenden Beispielen, die die Meßtechnik offenbar nicht zu liefern bereit ist. Grundsätzlicher hingegen ist der farbabhängige
Öffnungsfehler, bei dem ein Objektiv im langen Spektrum (Rot) gewöhnlich unterkorrigiert und im kurzen Spektrum (Blau) über-
korrigiert reagiert, von spezifischen  Ausnnahmen einmal abgesehen. Auch für diesen Bereich gilt die "Unschärfe" bei der Strehl-
auswertung. Die Unschärfe hängt auch damit zusammen, daß Interferenz-Streifen größerer Breite über Punkt-Linien nachvollzogen
werden und entweder den üblichen Artefakten zum Opfer fallen oder dem Interpretations-Spielraum der Streifenbreite, weil ein
Interferogramm leider nicht aus dünnen Linien besteht. So kann bereits ein einzelner Punkt das Strehlergebnis variieren, wenn
man ihn um 1-2 Pixel in der Höhe versetzt.

Der Strehlwert bei fotografischen Fernrohr-Systemen

Bei der Fotografie verliert der Strehlwert auf der opt. Achse völlig an Bedeutung , weil es hier um die fehlerfreie Abbildung besonders
im Bildfeld geht und der Nachweis nicht über einen Strehlwert geführt wird, sondern über eine gelungene Bildaufnahme oder
häufig über ein Spot-Diagramm aus einem Optical Design Program. Ein hoher Strehlwert auf der opt. Achse sagt über Astigmatismus
oder Koma im Bildfeld gar nichts aus.  Selbst wenn ein Strehlwert über Designer Programme möglich sein sollte, findet man
aus dem Bereich der Meßtechnik kaum die entsprechenden Beispiele.

Der Strehl-Wert ein Begriff der geometrischen Optik, nicht der Wellenoptik, siehe:

https://de.wikipedia.org/wiki/Wellenoptik ,  https://de.wikipedia.org/wiki/Geometrische_Optik 

Die Obstruktion eines optischen Teleskopes erzeugt Beugungs-Effekte, die sich über den Strehlwert NICHT darstellen lassen.
Selbst bei zunehmender Obstruktion bezieht sich der Strehlwert immer nur auf die Wellenfront-Fehler der Geometrie (also Strehl-
Wert = 1.00 im Beispiel) und nicht auf die Verlagerung der Lichtenergie in die Beuguungs-Ringe bei zunehmender Obstruktion
bei der PSF-Darstellung.      

Zur Simulation, inwieweit sich Rauhheit im Strehlwert ausdrücken könnte, folgender Gedankengang, der sich ausdrücklich auf
die üblichen Streifen-Auswertprogramme bezieht, nicht auf einen Phasenshift-Interferometer und dessen computerisierte Aus-
Wertung. Aber auch dort dürfte sich die Mikrorauhheit kaum in der Reduzierung des Strehlwertes bemerkbar machen. Im simu-
lierten Beispiel wird eine Flächenrauhheit von PV L/10 angenommen und über die Wellenlinie dargestellt. PV L/10 Rauhheit wäre
ein unüblich hoher Wert.
Die Auswertung rechts reduziert den Strehlwert von ebenfalls 1.000 nicht, auch ein systhetisches Interferogramm "ignoriert"
diese Wellenlinie. Damit wäre die Behauptung, Mikrorauhheit reduziere den Strehlwert, widerlegt.                    




Zur Erläuterung:
a) die rechnerische Auflösung kann nicht größer/kleiner sein, als der Abstand der Einzel-Punkte in der Punktlinie. Das gilt nur für den Höhenversatz, weil
der der Rauhheit entsprechen würde. Selbst mittlere Abweichungen, die im Interferogramm noch erkennbar wären, werden bei der Auswertung unterdrückt.

b) Auch wenn die Streifenbreite z.B. PV L/10 entsprechen würde und so eine Punkte-Verteilung über die Gesamtbreite entstünde, mittelt das Programm
auch nur eine gedachte Mittel-Linie, und stellt damit wieder nicht die Höhen-Unterschiede dar, die von der Rauhheit verursacht wird.  
Siehe auch:

http://r2.astro-foren.com/index.php/de/14-beitraege/06-messtechnik-teil-2-aufbau-diverser-interferometer/695-f105a-strehl-versus-mikro-rauhheit-warum-der-strehlnur-die-wellenfront-darstellt-und-nicht-die-mikrorauhheit
http://rohr.aiax.de/StrehlSimJPG.jpg

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