A049A Triplet 130-860 - auf der Suche nach der Ursache - 2015 - Pent17_18Sept14/~Triplet_Ueberkorr

Siehe auch: E083 Überkorrektur bei Triplets beseitigt

 Von dem legendären Zeiss B Objektiv - eines der farbreinsten Objektive, die Zeiss in der Vergangenheit gefertig hat, ist bekannt,
daß  im Laufe der Jahrzehnte durch die termische Bewegung die Abstandsplättchen in ihrer Dicke "geschrumpft" sind. Über den
verminderten Abstand der 1. und 2.Linse dieses Triplets reagierten diese Objektive regelmäßig überkorrigiert. Bei der Überarbei-
tung mußte bei diesen Objektiven neue, dickere  Abstandsplättchen zwischen 1. und 2. Linse hergestellt werden - eine äußerst heikle
Arbeit, die sich im Mikron-Bereich abspielte. Bei der Herstellung des aktuellen Dreilinsers stellte sich deshalb zu Beginn der Unter-
suchung die Frage a) kann man die deutliche Überkorrektur dieses Triplets auf die gleiche Weise korrigieren, oder wurden b) vom
Hersteller andere Linsen/Gläser oder andere Systemdaten verwendet. Für die Fotografie mag ein überkorrigiertes System nicht so
gravierend sein, für visuelle Beobachtung hingegen wäre so ein Teleskop ein Reklamations-Fall.

Durch den vergrößerten Abstand zwischen L1 und L2 von vorher 0.16 mm auf 4.0 mm läßt sich z.B. der Abschluß-Ring mit den üblichen
optischen Daten nicht mehr einschrauben. Der verwendete 4 mm Präzisions-Ring aus Vi580/FKM 80, über dem Objektiv liegend, ist gut
erkennbar. Dessen Systemdatenblatt weiter unten eingefügt ist.

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Trplett_01.jpg

Das zunächst unbekannte Triplett muß deshalb geöffnet werden, indem man die seitlichen 3x4 M4 Schrauben um ca. 1.5 mm öffnet. Für die 1. und
3. Linse werden diese Schrauben für die Fixierung verwendet, lediglich die mittlere 2. Linse kann damit seitlich versetzt werden, damit über den
seitlichen Versatz dieser Linse die geringe Achskoma herauszentriert werden kann. Nun kann man das LinsenPaket vorsichtig herausheben. Da
aber die beiden 0.16 mm Abstandsringe sehr "flüchtig" sind, sollte man eine Manschette (grün) herstellen, um das seitliche Verrutschen von Linsen
und AbstandsRringen zu verhindern. Das Gewinde der 12 Zentrierschrauben sollte man in jedem Falle nachschneiden, wegen der Leichtgängigkeit von
seitlichen Halte- und Zentrier-Schrauben.


Trplett_02.jpg

Um keine Verwechslung bei der Reihenfolge der Linsen zu provozieren - ich hatte unlängst erst einen solchen Fall hier - werden nach einem
eindeutigen Verfahren die Linsen abgehoben und von links nach rechts aufgelegt: In genau der Reihenfolge, wie ein solches System auch
gerechnet wird: Von links nach rechts. Im weiteren Verlauf muß man mit dem Abstand der EinzelLinsen solange probieren, bis die Überkor-
rektur verschwindet. Dabei sieht man, daß auch bei diesem Triplett die alte Zeiss-Regel wieder zum Erfolg führt. Untypisch und auffällig ist
dabei, daß beide Abstandsringe gleiche Dicke haben sollen.


Trplett_03.jpg

Zunächst probiert man mehrere Varianten durch, in der Annahme, daß beim Zusammenbau des Objektivs Fehler passiert sein könnten. Da aber
beide Abstands-Ringe gleiche Dicke haben, kann man da nichts vertauschen. Am Öffnungsfehler ändert sich nichts. Eher unwahrscheinlich, daß
eventuell der Linsenblock verkehrt herum eingebaut wurde: Das Ronchi-Gramm schließt diesen Fall aus. http://rohr.aiax.de/Trplett_05A.jpg


Das sind Ronchi-Bilder mittels derer nach dem richtigen Abstand gesucht wurde. Je größer bzw. dicker aber der Abstand sein muß, umso
weniger hilft eine Plättchen-Lösung und umso mehr könnten O-Ringe das Problem beseitigen. Bei O-Ringe muß man sich aber sofort um deren
Qualität bemühen. Nimmt man ein falsches Material, dann könnte es Probleme mit der Dicke, der Haltbarkeit und der Temperatur-Stabilität
geben. Der Linsen-Außendurchmesser liegt bei 133.8 mm. Bei 130 mm innen und 4 mm Querschnitt des O-Ringes wäre dieser aber 138 mm
außen, sodaß dies für die Fassung innen bereits zu groß ist. Also schneide man den Ring auf, und kürzt ihn um ca. 9 mm, damit er "streng"
innen anliegt. Dieser nicht ganz billige Ring ist aber exakt gefertig, sodaß nach Abschluß der Prozedur nur eine geringfügige Koma heraus-
zentriert werden muß.


Trplett_04.jpg

 

* * *  Lösung = 4 mm Abstands-Ring * * * 

Deutlich macht sich der Unterschied bemerkbar beim folgenden Artificial Sky Übersichts-Test bei 477-facher Vergrößerung. Vorher verschob sich 
ein großer Teil der Lichtenergie in die Beugungs-Ringe, während beim richtigen Abstand von 4 mm der BeugungsRing auf Normalgröße geschrumpft 
ist. Dazu im Vergleich die Ergebnisse der RonchiGramme, und schließlich die Interferogramme, links deutlich überkorrigiert, rechts das Optimum. 
Der Rest vom Achskoma läßt sich ebenfalls heraus-zentrieren. Ganz auf Null bringen kann man das über die Interferogramme selbst, auch weil die
Achskoma waagrecht liegt.


Trplett_05.jpg

Das Referenz-IGramm zeigt eine Rest-Koma von PV L/7.8 , eine  Restkoma, die man kaum mehr wahrnimmt. Sie läßt sich natürlich heraus-
zentrieren und dann wäre der Strehl bei 0.979 - den "Strehlis" zuliebe.


Trplett_06.jpg

die Wellenfront-Darstellung

Trplett_07.jpg

Die Licht-Energie-Verteilung oder Point Spread Function

Trplett_08.png

und schließlich die übliche Auswertung: a) Gesamtergebnis und b) darunter anteilig die Größe der Restfehler in PV-Wert, alle
unterhalb der Wahrnehmung:  ca. L/7 für Astigmatismus Restfehler, ca. L/8 für Coma und ca. L/20 für Spherical. Damit ist der
Abstand zwischen L1 und L2 mit 4 mm optimal eingestellt.


Trplett_09.jpg

der Testreport bei 532 nm wave  = Hauptfarbe Grün.

Trplett_10.jpg
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Die Qualität der O-Ringes spielt eine wichtige Rolle. Er darf keinesfalls hart und brüchig werden, muß temperatur-beständig sein und
überall die gleiche Dicke.


Trplett_11.jpg

Die Farbreinheit des Tripletts hat sich durch diese Abstands-Änderung nicht verschlechtert. Auch der Gaußfehler ist eher unauffällig.

Trplett_12.jpg
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Der Ronchi-Test zeigt eine gringfügige Unterkorrektur an, was vorteilhhaft für das kurze Spektrum ist. Bestätigt wird die Farbreihheit
des APO's durch das Foucault-Bild, das eher moderate Farbeffekte zeigt. http://rohr.aiax.de/foucault-bilder.jpg Ein RC-Index von
0.4090 ist ein sehr guter Wert.


Trplett_13.jpg
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Fazit

Die Ursache für diese massive Überkorrektur kann nur vermutet werden: War es a) eine Änderung der Systemdaten oder b) der Glassorten.
Der Hersteller sollte zumindest eine Ausgangs-Kontrolle haben, bevor er solche Reparatur-Arbeiten dem Kunden aufbürdet. Auch die Objektiv-
Fassung müßte genaugenommen neu angefertigt werden, wenn man den vordersten Schraubring ebenfalls verwenden will. Es fehlen auch die
Druck-Schrauben von Objektiv-Verbindung zum eigentlichen Tubus-Rohr. Meine Stunden  jedenfalls darf ich nicht in Rechnung stellen, aber
man erfährt, wieviel sich der Hersteller vor Auslieferung gedacht hat. Die Abstands-Änderung wurde zweifach dokumentiert:
- auf der Verschlußkappe des Blendrohres
- auf der Außenfläche der Objektiv-Fassung, die vom Blendrohr geschützt und verdeckt ist.

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