D021-04 Eugen Popp - Tele Optik CH 8731 Ricken Schweiz: aus der "Steinzeit der Hobby-Astronomie"

Es war eine andere Zeit! Mindestens 50 Jahre her. Das Wort Computer war noch nicht bekannt. Das World Wide Web gab es eben-
falls noch nicht - und Foren ? Sowas gab es Gottseidank auch noch nicht. Die Hobby-Astronomie spielte sich in elitären Zirkeln ab,
was dem Hobby eigentlich besser getan hat, weil selbsternannte Alpha-Tiere ihr Unwesen allenfalls im Verborgenen trieben, nicht
wie heutzutage. Auch einen Test-Report als Qualitäts-Nachweis gab es damals nicht. Es zählte lediglich die Mundpropaganda, die
den wenigen Astro-Händlern bzw. Herstellern von Teleskopen den Umsatz brachten. Es war auch noch die Zeit von Konditor-
Meister Hans Rohr und seinem Buch: "Das Fernrohr für Jedermann", Orell Füssli Verlag, Zürich, 5. Auflage 1972.  (Sicher keine
Anlehnung an das Stück von Hugo von Hofmannsthal.)

In dieser Zeit gab es den Eugen Popp (auch den Busfahler Eugen Aeppli, der in Adlikon Spiegel unterschiedlichster Größe schliff),
wie die folgenden Inserate in der Schweizer Zeitschrift "ORION" zeigen. Der Markt in Form von Celestron-SC-Systemen soll Eugen
Popp "ruiniert" haben, kann man im Internet nachlesen, unbestätigten Informationen zufolge. Beide, der Eugen Popp und der
Eugen Aeppli sollen später in die Türkei abgdriftet sein - bei Eugen Aeppli wüßte ich es genau.


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In jener Zeit gab es beim Kauf von Teleskopen noch keinen Test-Report, so wie es auch heute bei SC-Systemen von Celestron noch
üblich ist. Auch die Zahl derjenigen, die über ein Interferogramm den Strehlwert einer Optik messen konnte, begann auch erst mit
der Orginal-Veröffentlichung von Karl-Ludwig Bath, Freiburg, in SuW Heft Juni 1973. Auswert-Programme für die Interferogramme
gab es erst ca. 30 Jahre später. Dennoch öffnete sich die Hobby-Astronomie für das "breite Volk", den Chinesen war es recht, den
Astrohändlern noch viel lieber! Es entwickelte sich in Folge die "Schnäppchen-Mentalität" und das Qualitäts-Bewußtsein blieb auf
der Strecke. Und nur, wer was von Qualität versteht, ist auch bereit, einen angemessenen Preis dafür zu bezahlen. Vor diesem
Hintergrund muß dieser Bericht verstanden werden, weswegen Begriffe, wie "Gurke" eine Erfindung der Internet-Zeit sind. Wie
exakt man sich damals an die opt. Daten gehalten hat, weiß ich nicht. Die Okular-Steckhülsen waren damals noch 24.4 mm Durch-
messer, und 1 1/4 Zoll bzw. 2 Zoll Steckhülsen kannte man damals bei uns noch nicht.


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Bei derartig unklarer Daten-Lage setzt man in den Fokus eine Lichtquelle mit 1 mm Durchmesser und fotografiert das parallele Licht-
Bündel auf Millimeter-Papier: Es sind also nur 140 mm Durchmesser, genauer gesagt sogar nur 136 mm. Mag sein, daß diese Daten in
die Kategorie 150/2400  des übernächsten Bildes fällt, weshalb ich vermute, daß es durchwegs F/16 Systeme waren. Muß mir doch
nochmals eine Einrichtung bauen, bei der man die Brennweite vermißt.


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Dem Schweizer Fankhauser sei Dank, daß er diese Daten noch vorrätig hat.

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Beim "F041C Artificial Sky Test bei SC, RC und Cassegrain-Systemen" spielt der Öffnungs-Durchmesser und die Brennweite für die
Abbildung eine große Rolle. Ein kleines Öffnungsverhältnis liefert derartige Bilder ab. Trotzdem kommt rechnerisch über die Formel
inv TAN(18Mikron/2240) ein ähnliches Auflösungs-Ergebnis heraus, wie über die bekannte Formel Auflösung = 138.4 / D für 550 wave.
Da die Beugungs-Ringe auch hier deutlich ausgeprägt sind, zeigt sich bereit die deutliche Unterkorrektur des Systems. Sie wird
über die weiteren Tests noch viel deutlicher.


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Der Stern-Test zeigt zum einen eine deutliche Unterkorrektur, wie der "Lichtring" intrafokal beweist. Die Beugungs-Ringe im
Fokus wären ein weiteres Indiz, und schließlich liegt noch ein Zentrier-Fehler im System vor. Der Rest-Astigmatismus wäre
ebenfalls im Fokus-Bild erkennbar. Am Himmel selbst wird man das kaum sehen.


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Auch am Himmel würde der Ronchi-Gittertest die Unterkorrektur zeigen. Beim Foucault-Test "wölbt" sich die Fläche scheinbar
auf den Betrachter zu.


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Durch das Interferogramm in Autokollimation lassen sich alle Fehler erkennen: Astigmatismus durch ansteigenden Streifen-Abstand
von S nach N, Achskoma durch die unsymmetrische Biegung zur vertikalen Mittelachse und "W"-förmige Durchbiegung der Streifen
als Hinweis für die Unterkorrektur. Man muß das IGramm nur noch auswerten.


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Das synthetische  IGramm zeigt augenblicklich nur noch die Unterkorrektur.

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Die Wellenfront-Darstellung des wichtigsten Fehlers, was  vermutlich ein Abstands-Problem ist.

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Und schließlich die Licht-Energie-Verteilung, indem sowohl über die Obstruktion wie über die Unterkorrektur die Licht-Energie
in die Beugungs-Ringe verschoben wird.  E017 * Strehlwert und Obstruktion - Modulationsübertragungsfunktion Das Maximum
schrumpft in der Höhe und ist damit etwas schlanker.


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Mit dieser differenzierten Auswertung hätte man eine Grundlage, wie man den Strehlwert optimieren könnte. Trotzdem stellt
sich aber die Frage, wie sinnvoll die Optimierung dieses F16-Systems überhaupt ist. Für diesen Fall müßte man auch den
Hauptspiegel neu mit Hilux belegen lassen. Ob man die Unterkorrektur durch den Abstand  Haupt-Spiegel- Sekundär-Spiegel
beeinflussen kann, ist noch ungeklärt, ob man den Rest-Astigmatismus ebenfalls beseitigen kann, wäre eine Frage der HS-
Lagerung, und die Koma wird man nur über die HS-Zentrierung beeinflussen können. Ein Maksutov von INTES wäre vermutlich
die bessere Wahl.


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Alle diese Überlegungen brauchte man sich im Computer-losen Zeitalter noch nicht machen. Man schaute durch den Maksutov
durch und freute sich, was man bei hohen (ca. 200-fach) alles sehen konnte. Das war eine andere Generation von Sternfreunden.