D090 - Veloce RH 200 - zwischen Design und Realität - Bericht Teil 01
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Nach erfolgter Zentrierung. Zur Orginal-Größe: Bild anklicken. (siehe auch http://www.officinastellare.com/support.php)
Dr. Massimo Riccardi ist in Europa einer unserer besten Optik-Designer. Dies hat er bereits oft unter Beweis gestellt. Siehe deshalb auch mein Bericht: 2005 Clear Sky unter italienischem Himmel in Ferrara. Besuch bei Massimo Riccardi. Von Massimo gibt es nicht nur das Streifenauswert-Programm "AtmosFringe" was ich seit 2003 erfolgreich benutze, sondern auch die beiden Riccardi-Reducer, die fast jeden Apochromaten zu einer perfekten AstroKamera umfunktionieren. Massimo hat auch ein eigenes Optik-Design-Programm "Atmos" geschrieben, was ähnlich leistungsfähig ist wie ZEMAX, das ich benutze. Von Massimo ist also das Design einer F3- Kamera, die von der Firma Officina Stellare als Veloce RH 200 Riccardi-Honders Astrograph vertrieben wird.
Nun ist ein noch so perfektes Design nur eine Seite der Medaille - die handwerkliche Umsetzung (a) und später die Benutzung in der Praxis (b) eine ganz andere Seite. Kai von Schauroth schreibt es in seinem A.de-Bericht sehr treffend:
" Ich will ein betriebsbereites Teleskop ! " (Thread auf A.de)
Entweder ist es nun ausgerechnet dieser Astrograph, der mich bereits im August 2013 erreichen sollte, dann aber auf wundersame Weise plötzlich
hinter den Kulissen wieder verschwand, oder es ist ein weiteres Ausreißer-Exemplar unter den damals 82 zufriedenen Kunden laut Zit auf A.de
Quote: "Ich schreibe direkt an Officina Stellare und teile das Problem mit. Man antwortet, dass man 82 zufriedene Veloce-Kunden habe." Der Sachverhalt ist nicht einfach zu beurteilen: Im vorliegenden Fall haben die opt. Restfehler von 1.Astigmatismus und 2. Zentrier-Koma eine Größe, wie bei einem Kamera-Sensor mit Pixelgröße von 3x3 Pixel á 5.7x5.7 Mikron weitestgehend verschwinden würde. (also ca. 16µ x 16µ)
Man hätte es zwar gerne etwas genauer, aber der aktuell verwendete Kamera-Sensor sieht nur eine Auflösung von 3x3 Pixel mit entsprechender Größe. Das bedeutet, daß optische Fehler, die innerhalb eines Quadrates von 16µ^2 Mikron für den Sensor nicht sichtbar sind. Trotzdem hätte dieses aktuelle Veloce RH 200 eine mangelhafte handwerkliche "Performance", weil die Spots mindestens auf der opt. Achse exakt sein müßten, also keine Koma- oder Astigmatismus-Figuren zeigen dürfen!
Gegenüber Hersteller und Lieferanten hat der Kunde ein Recht auf ordentliche Arbeit, schon weil das Teil ja nicht gerade billig ist. Erschwerend wird die Angelegenheit auch dadurch, daß der Umgang mit diesem Veloce RH 200 Riccardi-Honders Astrograph schon ein gewisses Maß an Erfahrung im Bereich der Astrofotografie voraussetzt. Also gleich zwei Bedingungen, die die Freude an diesem an sich hervorragenden System schnell zunichte machen.
Warum der Hersteller nicht selbst wissen will, ob die ausgelieferten Veloce Astrographen perfekt sind, als Nachweis für mögliche Reklamationen, bleibt mir unerfindlich. Selbst ein ZYGO-Certifikat auf der opt. Achse würde sofort alle Fehler offenbaren, wenn man nicht gerade schummelt.
Gegenüber dem Händler wäre das ebenfalls wichtig, weil der zunächst den ganzen Ärger "am Hals hat". Im Regelfall würde ich auf Ursachen-Forschung gehen und sie beseitigen. Das bedeutet aber immer, das Gerät zu zerlegen und dann opt. kontrolliert wieder zusammen zu bauen - beginnend mit der Hauptspiegel-Lagerung. Eine langwierige, zeitlich unkalkulierbare Arbeit ohne Erfolgsaussicht. So bleibt mir in diesem Fall nur die Beschreibung eines Systems, das vom Design her perfekt ist, handwerklich aber Murks und in der Benutzung auch nicht gerade einfach.
Wenn man die tubus-förmige Taukappe abgezogen hat, läßt sich das Objekt der Begierde schon einfacher lagern und untersuchen - es ist nicht gerade leicht mit seinen 8.5 kg und seiner Kurzbauweise. Der Hubweg des 2" Okularauszug ( knapp 51 mm) dürfte bei ca. 15 mm liegen, was selbst für den Test nicht viel ist. Nimmt man den Zahnriemen vom Motor ab, dann kann man die Fokussierung auch von Hand erledigen - in manchen Fällen einfacher und schneller.
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Das folgende Bild findet man hier:
http://www.astronomyali ve.com.au/media/catalog/product/cache/1/image/5e06319eda06f020e43594a9c230972d/f/i/file_35_43.jpg
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Bild M33 hingegen hier: http://www.astronomyalive.c om.au/media/catalog/product/cache/1/image/5e06319eda06f020e43594a9c230972d/m/3/m33.jpg
http://www.astronomyalive.com.au/ gehört zum Händler-Netz von Officina Stellare im Nord-
Westen von Australien.
http://www.astronomyalive.com.au/contact-us/ In diesem Zusammenhang fehlt aber die Auflösung des Kamera-Sensors in Pixel-Größe, da
man ohne diese Information die Qualität des Veloce RH 200 Riccardi-Honders Astrograph nicht ausreichend beurteilen kann. Die Orginal-Größe
der jeweiligen Aufnahmen findet man im Link.
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Hinsichtlich der Auflösung des Veloce RH 200 Astrographen findet man unterschiedliche Angaben bei zwei Händlern (rot unterstrichen):
http://www.aokswiss.ch/d/tel/spiegelteleskope/sternwar tenteleskope/am/rh300/rh200.html#galerie und
http://www.teleskop-express.de/shop/product_info.php/info/p4727_Veloce-RH200---200mm-f-3-Flat-Field-Astrograph---ATLAS- FOCUSER.html
Wichtig werden diese Angaben erst bei besonders kleinen Pixeln: Der Kamera-Sensor sieht immer nur ein Quadrat von 3x3 Pixelgröße, egal
wie gut die Optik ist.
Quote:
Die Spot-Durchmesser sind dem Design bzw. der ZEMAX-Datei entnommen. Was in der Rechnung sicher stimmt, sollte aber auch
für die Umsetzung bei der Herstellung stimmen. Wenn also der Spotdurchmesser - bei Teleskop Express - kleiner als 6 Mikron wäre, dann
gilt das auch für meinen Artificial Sky Test, ganz besonders auf der opt. Achse. Die Ursache vermute ich
daher im Misalignment des
Systems, das zugegebenermaßen hohe Ansprüche stellt. Die Fertigung der mechanischen Teile soll in Deutschland auf CNC-Maschinen
erfolgt sein.
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Nicht ohne Grund wird man bei Teleskop-Express die folgende Information ins Netz gestellt haben:
https://www.teleskop-express.de/shop/product_info.php/info/p4615_Officina-Stellare-Veloce-RH200---200mm-f-3-Flat-Field- Astrograph.html
Die Zentrierung des System wird offenbar über die Meniskus-Linse am Eingang erledigt, während man die Bildfeld-Verkippung im rückwärtigen Teil
erledigt. Man kann also ruhig annehmen, daß es an dieser Stelle bereits häufig zu Reklamationen gekommen ist.
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Bei F3 Newton-Spiegeln hat man meßtechnisch bereits mehrere Probleme, da diese Situation eher selten vorkommt. Auch bei diesem F3 System
sind einige Tests nicht mehr darstellbar, weil z.B. ein Interferometer mit dieser Öffnung eher selten gebraucht wird. Ein weiteres Hindernis ist
der Umstand, daß der Fokus-Abstand von 62 mm von der hintersten OAZ-Fläche (selbst wenn der auf Position 0.0 gebracht wurde) für einen
Twyman-Green IMeter auch noch zu kurz ist. Daher ist das IGramm rechts im Bild nur zur Hälfte ausgeleuchtet. Immerhin sagt das Ronchi-Bild
und der Foucault-Test, daß sowohl die Fläche wie Korrektur des Systems OK ist.
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Sehr viel erhellender jedoch ist der Artificial Sky Test bei 333-facher Vergrößerung, der sofort die handwerkliche Umsetzung offenbart, die diese Kamera hat.
In der Übersicht ist zumindest eindeutig, daß selbst bei einem Bildfeld-Durchmesser von 42.0 mm sich die Größe der Spots nicht wesentlich ändert. Inwieweit
ein Farbquerfehler am Bildfeldrand ins Spiel kommt, läßt sich bedauerlicherweise nicht exakt beurteilen - dafür sollten die "künstlichen" Sterne eigentlich
fehlerfrei sein. Auch wenn die Einzelbilder nicht exakt sind, die Bildfeld-Korrektur vom Design dürfte trotzdem stimmen. Und im günstigsten Fall könnten diese
Fehler in der reduzierten Auflösung des Kamera-Sensors verschwinden.
Bei einem Optimierungs-Versuch sucht man im Eingangs-Bereich die für eine Zentrung des Sekundär-
Spiegels nötigen Zug-/Druck Schrauben. Da
aber der Sekundärspiegel auf die 2. Fläche der Meniskus-Eingangslinse aufgedampft ist, kann das nur über eine Verkippung dieser Meniskus-Linse
gehen. Das wäre der mit einem hellblauen Kasten versehene Bereich auf Bild 01 oben links.
Es gibt aber noch 6 weitere Zugschrauben, die als Halteschrauben für dieMeniskus-Einheit interpretiert werden können. Und diese Schrauben waren
zunächst "angeknallt", also sehr fest angezogen. Diese 6 Schrauben vaiieren aber die Form von Astigmatismus, sodaß man diesen etwas minimieren
kann, was ich versucht habe. (Erst wenn man den Veloce RH 200 zerlegt, kommt man hinter das Geheimnis dieser Schrauben!)
Ein anderes Beispiel schaut z.B. so aus, man findet es in diesem Bericht: http://www.astro-foren.de/showthread.php?15498-Ausgesprochen-farbrein-
!
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Das System hat einen sehr kleinen Backfokus mit 62 mm - da hat man mit dem Testen schon seine liebe Not.
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Um also ein derartiges System besser beurteilen zu können, müßte man es derart optimieren, daß es die Vorgaben vom Desing erfüllt: Eine Arbeit,
die zeitraubend ist und damit andere Arbeiten blockiert und letztlich zu einer Arbeits-Verlagerung führt, wie sie vom Hersteller geleistet werden muß.
Man muß immer höllisch aufpassen, daß man nicht für Mängel in die Pflicht genommen wird, für die man gar nicht zuständig ist.
Lesenswert auch der in vielerlei Hinsicht erhellende Thread von Kai von Schauroth auf A.de, der - wen wundert es - dort gesperrt worden ist.
http://forum.astronomie.de/phpapps/ubbthreads/ubbthreads.php/topics/1023778/Re_Erfahrungen_mit_dem_OS_Velo
Bildfeld-Justage - Bericht Teil 02
Quote:
siehe auch: http://rohr.aiax.de/VELRH200_En_Manual.pdf
Selbst wenn ein Kamera-System optimal auf der opt. Achse zentriert worden ist, dann ist damit noch nicht garantiert, daß die Bildfeld-Ebene des gerade
zentrierten Systems zusammenfällt mit der Ebene des Kamera-Sensors bzw. mit diesem parallel ist. Man merkt das spätestens dann, wenn z.B. auf der
opt. Achse die Sterne punktförmig sind, im Bildfeld aber und besonders in den Ecken alle möglichen Zerstreuungs-Figuren zu sehen sind. Wenn das opt.
Kamera-System nachgewiesenermaßen ein ebenes Bildfeld erzeugt (also auch keinen Bildfeld-Radius hat), dann liegt eine Verkippung zwischen dem
Bildfeld des Systems und dem Kamera-Sensor vor. Das veranlaßte z.B. TS zu dieser Web-Bemerkung: http://rohr.aiax.de/@VeloceRH_06.jpg
Man kann nun den Versuch starten, dies bereits im Labor zentrieren zu wollen, was aber nie mit voller Exaktheit möglich ist:
Man kann sich erstens nicht darauf verlassen, daß die mechanische Winkelgenauigkeit im Bereich Okular-Auszug exakt mit dem Bildfeld des Systems
zusammen-fällt. Man kann auch den Adaptern zwischen dem Kamera-System und dem eigentlichen Foto-Apparat nicht trauen, und schließlich ist auch
nicht klar, ob der Kamera-Sensor wirklich exakt parallel zu seinen Anschluß-Gewinden etc. funktioniert. Man ist also gezwungen, das Optimum an
Parallelität am Himmel selbst einzustellen. Der RH 200 hat hier eine sinnvolle Zentrier-Möglichkeit eingebaut, wie sie
im oberen Link zu sehen ist.
Unter der Voraussetzung, daß das fotografische System exakt auf der opt. Achse zentriert ist, läßt sich folgender Versuchsaufbau realisieren:
Über ein gutes und zentriertes opt. System wie einem C 9.25 oder ähnlich kann man einen Stern im Unendlichen erzeugen (über einen Autokollimations-
Planspiegel.) Das dadurch entstehende Parallelbündel liefert den Stern im Unendlichen, den man z.B. auf eine Seite verkippen kann.
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Hier wird je nach Einsatz von Pinhole, Lichtspalt etc. ein Bild im Unendlichen erzeugt.
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Das Kamera-System erzeugt davon wieder ein Abbild im Fokus. Wäre also die letzte Fläche des OAZ als Ebene exakt parallel mit der Bild-Ebene
des Kamerasystems, dann sollte beim Foucault-Test am linken Rand exakt gleich ausfallen wie am rechten Rand. Andernfalls liegt eine Verkippung
vor. Mit dieser Einrichtung kann man also sowohl links am Rand, wie auch gegenüber den Foucault-Test durchführen. Weil aber unbekannt ist
welches Bauteil für die Verkippung zuständig ist, muß man damit nur eine Vorzentrierung vornnehmen und muß die letztmögliche Genauigkeit
wieder am Himmel suchen. Über die Verkippung des C 9.25 oder des RH-200 stellt man den künstlichen Stern jeweils an den Rand.