D104 Flattner oder Reducer - auch eine Preisfrage Abstände ermitteln optimieren
Flattner oder Reducer - auch eine Preisfrage
Das Angebot an APO-Refraktoren ist ebenso unübersehbar, wie das Angebot an Flattner oder Reducern. Entweder weil der Hersteller ein Komplett-System
anbietet, wie z.B. Takahashi, oder weil es mehr oder weniger preisgünstige Zusatz-Komponenten gibt. Der Anwender bzw. Astro-Fotograf muß sich dabei
auf die vollmundigen Versprechungen der jeweiligen Händler verlassen. Und sollte es nicht funktionieren, dann wird die "Schuld" erst einmal dem Kunden
angelastet - leider!
Dabei stecken in der Nachrüstung eines beliebigen APO- oder HalbAPO-Refraktors mit einem Flattner/Reducer einige prinzipiellen Probleme, die von
Händlern gewöhnlich ignoriert werden: Der Kunde soll sich gefälligst, das teure und deshalb abgestimmte System kaufen. Weil aber viele Sternfreunde
mit dem Euro rechnen müssen, suchen sie sich Kombinationen zwischen APO und Reducer/Flattner heraus, bei denen die Abstände - es sind deren nämlich
zwei - erst noch ermittelt werden müssen.
Das Problem:
Bei der Kombination eines TS APOs 115/800 mit einem TS Flattners oder eines RicReducers hätte man eine Kombination, bei der nicht unbedingt klar
ist, wie die Abstände sein müssen, und wie groß der "Backfokus" zu sein hätte. Der Begriff "Backfokus" ist ein schillernder und unhandlicher Begriff.
Es soll einen Abstand ausdrücken zwischen letzter Linsenfläche des Systems und der Fokus-Ebene und das ist je nach Bauweise unterschiedlich und
deswegen nicht sinnvoll. Auch verstößt dieser Begriff gegen die Konvention, da erst der optimale Abstand Objektiv-Reducer ermittelt werden muß,
bevor man im zweiten Schritt auf dieses "starre" System fokussiert.
Bereits dieses mehrmals nachgemessene System dient als Beweis: Über den Adapterring "verschwindet" die Reducer-Bezugs-Kante im Tubus, sodaß
als Bezugs-Fläche die dem Fokus zugewandte Fläche des Adapterringes dient. (ohne Außen-Gewindeansatz) Siehe auch übernächstes Bild.
Der in der Zeichnung angegebene Differenzwert von 13.45 mm ist tatsächlich 13.74 mm - mehrmals mit einem 0.01 Tiefenmessschieber überprüft.
Das hat mit der Addition der Toleranzwerte für die drei Linsen und den Distanz-Ringen zu tun. Viel mehr stört aber, daß nicht mehr die Reducer-Kante als
Bezugsfläche für den Backfokus benutzt werden kann, sondern man selbst die Werte ermitteln muß. Damit ist aber der ausgewiesene Backfokus-Wert
noch lange nicht bestätigt. Der muß weiterhin entweder iterativ über Feldaufnahmen oder auf der opt. Bank ermittelt werden. (Immer in der Hoffnung,
daß man eine gewisse Backfokus-Toleranz hat, sodaß es am Rohbild später nicht auffällt.)
Der richtige Abstand des Flattner/Reducers zum Objektiv
Prinzipiell braucht man also den optimalen Abstand zwischen Objektiv und Flattner/Reducer, und nicht etwa den Backfokus. Der ist nämlich abhängig
davon, und wird erst im zweiten Schritt als der Fokus des Gesamt-Systems APO + Flattner ermittelt. (Das zeigt sehr deutlich das TS Quadruplet-System, bei
dem die vier Linsen zueinander fixiert sind und lediglich über den OAZ auf den Fokus eingestellt werden muß.) Auf diesen optimalen Abstand wird also dann der
Kamera-Chip eingestellt. Der optimale Objektiv-Flattner-Abstand ist dann gefunden, wenn die Sternabbildung in den Ecken eines Bildes ähnlich gut ausfällt,
wie auf der opt. Achse.
Beim TS APO 115/800 funktioniert das mit dem TS Flat 2 ähnlich gut im Zusammenspiel mit dem CCD-Chip Super Sony HAD, 3110x2030, 7.8µ Pixel
bei 800 mm Fokus wie die Kombination mit dem RicReducer M63x1, mit dem Chip Kodak KAF 8300 17.6x13.52 mm 5.4µ Pixel und 600 mm Fokus.
Beide Lösungen gehen über 2.0° Bildwinkel nicht hinaus, unterscheiden sich lediglich im Preis um 400.- Euro und natürlich durch die Fokus-Länge und
die Option zukünftiger besserer Kamera-Chips und den Abstand (Backfokus genannt) den Flattner/Reducer von der Kamera haben. Mehr Spielraum
bietet der Flattner, weniger der Reducer. Für den Anwender kann man also nicht sagen, welcher von beiden für ihn der Bessere ist, nur weil einer
davon der Teuere ist.
Nur wie findet man den optimalen Abstand?
Bei einem solchen System braucht man zwei iterative Abstands-Änderungen:
a) es muß der richtige Abstand Objektiv-Flattner gefunden und fixiert werden
b) danach muß auf diese System-Einstellung fokussiert werden !!!
Also bräuchte ein solches System eigentlich zwei Okular-Auszüge: a) der den Abstand Objektiv-Flattner regelt, b) der den Kamera-Chip auf die jeweilig neue
Fokuslage fokussiert.
Bei einer Kombination, bei der die Abstände nicht exakt bekannt sind, bzw. über die Praxis nicht bestätigt sind, muß man das iterativ ermitteln über
a) neuer Abstand Objektiv-Flattner b) Fokussierung auf diesen Abstand c) Rohbild als Zwischenergebnis d) Beurteilung und zu a) zurück.
Das ist auch deswegen empfehlenswert, weil in dem ganzen System von Adaptern und Zwischenringen genaugenommen nicht klar ist, ob man die richtigen
Abstände einhält.
Bei dieser Kombination wäre die meßbare Bezugsfläche nicht die letzte Kante des Reducers. Es käme noch der Spalt-Abstand und die Dicke des Adapter-Rings hinzu,
den man dann vom angegebenen Backfokus abziehen müßte um zu prüfen, ob man z.B. den Reducer überhaupt verwenden kann. http://rohr.aiax.de/RicRed_23.jpg
Solche Fragen stellt der Sternfreund dann an mich, statt an den Händler, der das Teil verkauft. Die Endkontrolle hat offenbar immer der Kunde, nicht der Händler.
Für diesen Fall habe ich die Skala auf den Tubus-Auszug einbezogen, die bei richtiger Einstellung des Reducer auf 75 Einheiten stehen sollten, bei Verwendung
des TS Flat 2 hingegen auf 24 Einheiten.
Die Lösung
Überträgt man das oben geschilderte Problem auf die Möglichkeiten einer optischen Bank, so geht es auch in dieser Sitaution darum, a) den richtigen Abstand
Objektiv zu Flattner/Reducer zu finden und in einem zweiten Schritt b) auf diese Einstellung zu Fokussieren, ohne aber diese Einstellung zu verändern !!!
Es geht also prinzipiell um die Frage, bei welchem Flattner-Abstand die Abbildung im Feld bei z.B. 4.0° Bildfeld-Durchmesser ähnlich gut ausfällt, wie auf der
optischen Achse. Das läßt sich mühsam über iterative Feldaufnahmen am Himmel feststellen, oder aber durch die hohe Vergrößerung einer Pinhole-Abbildung mit
einem Okular. Das fällt in der Regel viel exakter aus, als über Feldaufnahmen, bei denen der Vergrößerungs-Effekt entfällt.
Nun kommt so ein Schlauberger daher und erklärt mir, daß über die Verkippung von z.B. 2.0° vor einem Planspiegel sich die Abbildung einer Pinhole wesentlich
ändern würde: Dies ist nämlich der gleiche Vorgang, wenn man einen Stern statt in der Bildmitte am Rande des Okulars beobachten würde. Für diesen
Fall kann man z.B. bei einem Newton-Spiegel deutlich Koma wahrnehmen, die von der Abbildung des Newton-Spiegels im Feld herrührt. Bei einem
Refraktor wäre es eine Mischung aus Astigmatismus und Koma. Das kann jeder selbst überprüfen, ob sich die Abbildung signifikant ändert. Nicht die Ver-
kippung beeinflusst die Pinhole-Abbildung im Feld, sondern ein falscher Abstand Objektiv-Flattner. Und das schaut dann so aus: Aus gutem Grund
hatte ich bereits vor einiger Zeit dieses Verfahren hier beschrieben.
Es läßt sich also die Abbildung eines APO+Flattner-Systems im Feld über eine ganz normale Sternabbildung kontrollieren und optimieren, ohne große Diskussion.
Danach geht es allerdings darum, wie legt man den Abstand Objektiv/Reducer für den Kunden fest. Auf welche Bezugsfläche soll er sich beziehen. Und dann
hilft keine Backfokus-Angabe weiter, die im Computer über ZEMAX entstanden ist. Am danach folgenden lautstarken Gebaren auf Foren läßt sich hernach
ablesen, wie kundenfreundlich ein Händler wirklich ist.
Nach der gesamten Procedur, wenn der optimale Abstand Objektiv-Flattner gefunden ist, kann man dann auf die opt. Achse zurück-kippen, um nun über
den Focuault-Test die tatsächliche Fokus-Ebene zu bestimmen und je nach Bezugs-Fläche einen Abstand zum Fokus ausgeben. Wäre schön, wenn das einer
mal praktisch nachvollziehen würde.
Ganz am Schluß kommt die finanzielle Frage: Muß es ein Reducer für 600.- Euro sein, oder erfüllt z.B. der TS Flat 2 für derzeit 200.- Euro
zusammen mit einem ganz bestimmten Kamera Chip nicht genauso die Erwartungen. Das entscheidet aber dann der Kunde.