A064 - TMB 130/780 erfolgreiche Restauration LZOS#020
Wer ein solches Objektiv öffnet, sollte sich darüber im Klaren sein, daß hinterher nichts mehr so ist, wie vorher. Jedenfalls landete dieser TMB-LZOS-APO aus dem nördlichen Teil von Europa "klappernd" bei mir: Die Linsen hatten unerklärlicherweise erheblich viel Spiel. Also fügt man sich in das Unvermeidliche und öffnet das Objektiv. Dabei den Verstand abzuschalten, wäre großer Leichtsinn. Stattdessen sollte man sehr sorgfältig erst alle Teile in ihrer vorherrigen Position auf irgendeine Weise markieren - entweder, weil sie genau so wieder zusammengebaut werden
müssen, oder deswegen, weil man dann auch tatsächlichen den Grund findet, warum die Linsen klapperten. Bei
einem TMB-APO eine höchst verräterische Situation.
Derartige Systeme sind über drei auf 120° versetzte Druckpunkte gelagert, und die gilt es unter allen Umständen beizubehalten. Nachdem also mit großer Vorsicht das Linsen-Paket nach oben aus der Fassung herausgedrückt war (unter Vermeidung von Verkantung, weil dies Muschelbruch verursachen kann) erkennt man im Fassungsgehäuse unten die drei ca. 15 mm langen Auflage-Streifen - also die untersten Druckpunkte. Genau darüber sollten nun die drei Distanzplättchen der 2./3. Linse sein, gefolgt von weiteren drei Distanzplättchen zwischen der 1./2. Linse. Der Druckpunkt des Halteringes drückt schließlich ebenfalls von oben das Paket (also den ursprünglichen Druckpunkt) und hält alle drei Linsen und deren Abstandsplättchen zusammen.
Leider war sich der Tüftler vorher dieser Systematik offenbar überhaupt nicht bewußt, und so zeigte das Objektiv im
"Urzustand" erst einmal soviel Koma, wie ein f/4 Newtonspiegel bei 2° Bildwinkel von der Achse. Also aussichtslos,
überhaupt ein Bild zu bekommen und der Grund für den Hilferuf.
Die Lage änderte sich also schlagartig, als dieser Fehler behoben war. Allerdings hatten die Abstandsplättchen zwischenzeitlich ihre ursprüngliche Position ebenfalls verlassen, sodaß auch hier etwas korrigiert werden mußte. Der letzte Rest an ZentrierKoma konnte dank Bernhard Schmidt's Methode mit dem Gummi-Hammer beseitigt werden. Ist dieser Zustand endlich erreicht, lassen sich die üblichen Tests abwickeln, als Nachweis, daß jetzt wieder alles stimmt und der Ruf eines TMB-APO's gerettet ist.
Grundsätzlich sollte man vor dem Öffnen eines Objektivs alle Komponenten in ihrer Position kennzeichnen, in meinem Fall mit Punkt und weiteren Linien auf Fassung und Linsen - nur so läßt sich die Restauration kontrolliert durchziehen mit langen Pausen zum Nachdenken.
Das Objektiv vor dem Planspiegel (ein Werkstattspiegel von Zeiss) mit einer mittleren BezugsLinie für die Vermssung des Farb-längsfehlers. Die Position oben wurde zusätzlich über einen gelben Streifen markiert. Die Linsen selbst mit einem Lackstift. Links erkennbar die Abstandsplättchen bei ca. 08:00 Uhr.
Der Sterntest zeigt außer einigen Artifakten weiter keine Auffälligkeiten. Im Fokus ist der ca. 20 Mikron Durchmesser künstliche Stern ohne nennenswerte Koma abgebildet. Bei artificial Sky-Test werden die engen "Doppelsterne" gut getrennt. Aus dieser Situation läßt sich dann die Auflösung berechnen und ist damit nahezu identisch zur bekannten Formel: 1.22 x Lambda x 206265 / Apertur . Die math. Lösung wäre inv tan(4µ/780) => ins Bogenmaß umgewandelt.
Auch ein APO hat einen mehr oder weniger stark ausgeprägten Gaußfehler (farbabhängiger Öffnungsfehler) Da das Optimum in der Regel bei der Hauptfarbe Grün zu suchen ist (e-Linie = 546.1 nm wave ) reagiert das kürzere Spektrum immer überkorrigiert, das längere dagegen unterkorrigiert, was beim RonchiTest durch bauchige Verformung/intrafokal für Blau und kissenförmige Verformung/intrafokal bei Rot zu Ausdruck kommt.
Beim Foucault-Test mischt sich diese Sitaution. Dadurch entsteht die Farbigkeit bei LinsenSystemen und die unter- schiedliche Verteilung der Farben selbst. Würde man also die drei Farben blau/grün/rot übereinanderlegen, so käme wieder das Weißlicht-Bild heraus. Umgekehr kann man die Weißlichbilder in die RGB-Kanäle zerlegen.
Für Blau zeigt die tiefere Mitte die Überkorrektur an, Grün ist nahezu topfeben, und für Rot kommt die Mitte etwas auf den Betrachter zu, hier ist das System unterkorrigiert.
Für die Interferogramme bedeutet die "M"-förmige Verformung der Streifen wiederum die Überkorrektur, und analog dazu die "W"-förmige Verformung die Unterkorrektur. Ein leichtes überlagertes "S" zeigt beim grünen Streifenbild eine Restkoma an, die auch über eine nicht ganz perfekte Kollimation vor dem Planspiegel entstehen kann. Ist aber abhängig von der Art des Objektivs. Im Falle eines Zeiss Kollimations-Objektivs aus dem Werkstattbereich führte selbst die geringste Verkippung bereits zu Koma-Effekten. Das Objektiv wurde ausschließlich auf der Achse benutzt und erfüllte deshalb seinen Zweck zu 100%. Auch die Frage wurde geklärt, welchen Einfluß ein Zenit-Prisma auf den Farblängsfehler hat: Die Farbreinheit verliert sich unmerklich und die Lage der Farbschnittweiten ändert sich.
Ohne Glasweg wäre die Reihenfolge: Blau-grün-gelb/rot maximal 43 µ . Mit Glasweg hätte man rot-gelb-grün-blau maximal 82 µ, also etwas farbiger. Deshalb empfiehlt sich immer ein Zenitspiegel. Die RC_Indexzahl läßt auf einen guten APO schließen. Der Spielraum bewegt sich zwischen {0.1 < RC_Index < =1 } also in einem guten mittleren Bereich.
Etwas vergrößert das Foucault-Bild als Summe von Gaußfehler und Farblängsfehler.
Statt mit Interferenz-Filtern läßt sich oberes Foucault-Bild auch in die RGB-Kanäle zerlegen und man bekommt eine ähnliche Situation wie das vorletzte Bild: http://rohr.aiax.de/@TMB130VuojarviSW_04.jpg Der Nachteil der RGB-Farbzerlegung ist die nicht eindeutige Definition des Spektral-Bereiches, was über Interferenz-Filter besser realisiert werden kann. Mit der RGB-Farbzerlegung läßt sich aber das Farbbild in seiner Farbaufteilung besser erklären: Überall dort, wo der jeweilige Kanal schattiert ist, dominieren die Rest-Farben: Das betrifft für Blau der AußenBereich zwischen 06:00 und 12:00 Uhr und für die gleiche Farbe der Innenbereich zwischen 12:00 und 06:00 Uhr. Blau setzt sich dort durch, wo die anderen Farben Schatten haben. Die Restfarben hingegen dort, wo Blau seine Schatten hat. Damit ist sowohl der a) Gaußfehler aber auch der b) Farblängsfehler einschätzbar:je deutlicher die farbliche Trennung, desto größer der Farblängsfehler.
Grund: Ein größerer Farblängsfehler trennt beim Foucaulttest die einzelnen Spektralfarben stärker un intra- und extrafokal und mindert damit die Sicht auf den Gaußfehler. Umgekehrt läßt ein geringer Farblängsfehler den Gaußfehler stärker in Erscheinung treten. Damit läßt sich z.B. beweisen, daß SC-Systeme zwar einen Gaußfehler aber fast keinen Farb-längsfehler haben.
Siehe auch: http://rohr.aiax.de/foucault-bilder1.jpg
Gaußfehler, sphärochromatische Aberration (Begriff) . . . Tafel1, Tafel2, Tafel3, Tafel4, Tafel5
Farbzerlegung über RGB-Kanäle bei Ronchi, Foucault, IGrammen, Darstellung Gaußfehler,
Gaußfehler u. Farblängsfehler bei Weißlicht-IGrammen