A056 TMB APO 118 100-800

. . . denn sie wissen nicht, was sie tun . . .

Man wird unwillkürlich an den Halbstarken-Klassiker aus dem Jahr 1955 mit James Dean erinnert, wenn man sich
dem armen, geschundenen TMB APO widmet, den ein unbekannter Experte in Grund und Boden gerichtet hat.
Der wohl später noch als Schnäppchen über den Ladentisch ging - was er nach der Reparatur zweifelsohne
auch wieder ist.

Man flucht leise vor sich hin, wenn es a) um die Kollimierung des Objektivs zum Tubus geht und b) wenn es um die Zentrierung
der Optik selbst geht. Nachträglich würde man dem "Fachmann" eine Ausbildung als Augenarzt wünschen, damit er die nötige
Feinmotorik lernt, und ein gewisses Maß an technischem Sachverstand wäre auch hilfreich, bevor man ein solches Objektiv zu
einem Teleskop "zusammen-bastelt".

A) die Tubus-Kollimierung

Damit man das TMB-Objektiv am Carbon-Tubus befestigen kann, hat der Bastler einen zu schmalen Gewindering angefertigt,
den man vorne in diesen Tubus einpaßt - lieber etwas zu streng, da das Objektiv eigentlich festsitzen sollte. In diesen Ring
schraubt man später das Objektiv ein. Vergessen darf man aber nicht, daß es noch eine Justier-Möglichkeit geben muß. Auf
diese hat der Bastler verzichtet. Zu allem Unglück hat dieser Zeitgenosse auch noch Senkkopf-Schrauben benutzt, durch deren
Kegel der Ring plus Objektiv in eine starre Position gezwungen wird. Weil aber in dieser Befestigung Gottseidank noch etwas Spiel ist,
kann man dieses zur Justierung verwenden, wenn - ja wenn man statt dessen die üblichen Inbus-Schrauben verwendet mit
einer horizontalen Fläche, die sich schieben läßt. Derart umgerüstet kann man nun das Objektiv zum Tubus kollimieren. Dazu
passend das Ergebnis der Reflex-Bilder.

B) Die Zentrierung des Objektivs selbst

Hier müssen den Experten alle guten opt. Geister verlassen haben. Äußerst mutig hat dieser Mensch sämtliche, vom Hersteller
eingesetzten Zentrierschrauben, herausgenommen und fleißig alle M3 Bohrungen mit schwarzen Silikon-Kautschuk aus dem
Sanitär-Bereich verklebt. Vorher kann er gar nicht geprüft haben, ob das Objektiv eventuell einen Zentrierfehler hat: Einmal
durchgeguckt, bei vielleicht 20-facher Vergrößerung, . . . paßt, also zugeklebt und Schluß.
Der neue Besitzer merkte wohl, daß da einiges nicht stimmen kann, und wandte sich hilfesuchend an einen bekannten
Händler. Der aber winkte aus begreiflichen Gründen ab und empfahl mich wärmstens weiter - na prima.
In der Regel zentriert man so einen Dreilinser über die mittlere Linse. Also braucht man eine Reihe von Hilfsgeräten, mit denen
man das schwarze "Gold" wieder heraus-puhlt: Also einen 2.3 mm Bohrer, einen ebenso kleinen Schraubenzieher, einen
M3 Gewindebohrer etc. Und als dann der letzte Krümel dieser dunklen Masse entfernt war, suchte ich in drei Fällen vergeblich
nach der betreffenden Zentrierschraube. Da war ich allerdings dann erst einmal gerührt. Soviel Unbekümmertheit einer Spitzen-
Optik gegenüber ist immerhin sehr selten. (Der Hersteller muß sich doch auch was gedacht haben!)

TMB118_01.jpg
.
Sollte also dieser Experte seine Schnipsel wieder haben wollen, ich hätte sie aufgehoben. Sie liegen unter dem Teleskop.

TMB118_02.jpg
.
Für beide Fälle ist es sehr sinnvoll, sich möglichst vorher klar zu werden, mit welchem Verfahren jeweils a) kollimiert bzw. b) zentriert wird.
Die a) Kollimierung erfolgt OAZ-seitig über die Reflex-Bilder z.B. mit dem Grabowski-Kollimators. Die b) Zentrierung ebenfalls OAZ-seitig in
Autokollimation unter höchster Vergrößerung, sonst sieht man die Koma nicht richtig. Insofern ist dann die jeweilige Anleitung einfach,
wenn man sie gefunden hat: Dann aber empfiehlt sich genaues Hinschauen, wenn es perfekt werden soll.

a) wenn ein Teil der Reflex-Punkte vom Zentrum versetzt erscheint, dann muß man das Objektiv in diese Richtung kippen.
b) Wie bei einem Kometen gibt es auch hier einen Kern. Wo dieser hinzeigt, in diese Richtung schiebt man Linse L2.

TMB118_03.jpg
.
Cirka acht hingebungsvolle Stunden waren verstrichen, beides war nun kollimiert bzw. zentriert, und nun startet man mit dem Testprogramm.
Bereits der Sterntest, aber auch alle weiteren Tests zeigten von Anfang an, daß dieses TMB-Objektiv ein bekannt farbreiner Apochromat ist.
Er gehört in die Kategorie Super-APO. Nachfolgend eine Zusammenfassung der üblichen Einzel-Tests.

Am Foucault-Test läßt sich bereits die hohe Farbreinheit und ein geringer Gaußfehler abschätzen. Das Ronchi-Gramm ist perfekt. Zerlegt
man das Bild in seine RGB-Farben, so wäre Grün perfekt, Rot hauchzart unterkorigiert und lediglich Blau etwas mehr überkorrigiert. Das ist
aber die bei einem Refraktor übliche Situation. Der obere Sterntest entstand bei Höchstvergrößerung von 444-fach um die Zentrierung der
Optik zu dokumentieren. Der untere bei 177-facher Vergrößerung entstandene Sterntest dokumentiert eher die Farbreinheit des Systems,
wie das der Foucault- und Ronchi-Test gleichermaßen tun.

TMB118_04.jpg
.
Der Rest-Chromasie-Wert wurde über die Power- und Pfeilhöhendifferenz ermittelt und ist ein weiterer Beleg für die hohe Farbreinheit des Systems.

TMB118_10.jpg

Dazu passen die rechnerische Ermittlung: http://rohr.aiax.de/RC_Index.png

TMB118_05.jpg
.
Man wird mir wohl glauben, daß die Interferogramme vorher nicht so perfekt ausgesehen haben. Mit diesem Ergebnis wird man sicherlich
gut leben können.

TMB118_06.jpg
.
Dazu passend die Wellenfront-Deformation

TMB118_07.jpg
.
Die Energie-Verteilung, was man am Himmel merken wird

TMB118_08.png
.
und ein Strehlwert, der zu einem TMB APO gut passt.

TMB118_09.jpg

.
.
.