H037 2005-Juni Kleinplaneten-Tagung in Heppenheim

Der diesjährige Tagungsort Starkenburg-Sternwarte war mir zwar durch sporadische Besuche der dort noch immer regelmäßig stattfindenden Vorträge von vor ca. 20 Jahren bekannt, dass aber die mittelalterlich anmutende, kopfsteingepflasterte Zufahrtsstraße derart holprig und steil ist, war mir nicht mehr so gegenwärtig. Wie dem auch sei, die Anfahrt wurde geschafft, und die Veranstaltung selbst erwies sich alles andere als holprig. Sie hatte meines Erachtens sowohl inhaltlich ein breit gefächertes, anspruchsvolles Niveau als auch formal einen perfekt organisiertes Umfeld zu bieten. Daher an dieser Stelle nochmals herzlichen Dank an das Team der Starkenburg-Sternwarte für die geleistete Arbeit!

Die beiden ersten Vorträge beschäftigten sich mit der 25 jährigen Kleinplaneten-Tradition in Heppenheim (Erwin Schwab) und einem kurzweiligen Bericht über eine erfolgreiche Sternbedeckungsmessung (Für 4 1/2 Sekunden nach Mallorca) von Dr. Eberhard Bredner.

Harrie Rutten

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aus den Niederlanden war offenbar 2004 von der Kleinplanetentagung in Essen derart inspiriert worden, dass er sich während des vergangenen Jahres daran machte, die Kleinplanetenszene in den Niederlanden zu (re-) aktivieren und deren Tätigkeiten zu koordinieren. Sein Bericht schilderte sowohl die Fortschritte dieser Bewegung als auch die Hemmnisse vor Ort.

Prof. Dr. Joachim Schubart

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vom Astronomischen Rechen-Institut Heidelberg referierte eindrucksvoll über seine mannigfaltigen Aktivitäten im Bereich Kleinplaneten-Berechnung. Hier wurde unter anderem erlebbar, welche enorme Arbeitserleichterung der Einsatz moderner Datenverarbeitung auch in diesem Bereich der Wissenschaft brachte. Prof. Schubarth zeigte mit seinem spannenden Stil, dass auch ohne Dias oder Powerpoint ein fesselnder astronomischer Vortrag machbar ist. Ein Professor im "Unruhestand" (im besten Sinne des Wortes)!

Vor der Mittagspause im Restaurant der Starkenburg waren die obligatorischen Gruppenbilder an der Reihe:

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Danach berichtete Matthias Busch vom Starkenburg-Team

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über die bereits mehrfach (6x ?) erfolgreich durchgeführten Beobachtungsexkursionen deutscher Kleinplanetenbeobachter am spanischen 1,52m-Spiegel auf dem Calar-Alto.

Ein vorbildliches britisches Projekt stellten Lothar Kurtze und Felix Hormuth vor.

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Das Faulkes-Telescope auf Hawaii

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verdankt sich einer großzügigen Spende (22 Mio. brit Pfund - wenn ich richtig erinnere) des britischen IT-Industriellen Faulkes. Es profitieren hiervon zur Zeit vor allem britische Schulen, die dieses professionelle Teleskop inzwischen nutzen. Aber auch "ausländische" Beobachtergruppen können hier Zugriff erlangen, und Lothar und Felix gehören zu der Gruppe, die dieses Projekt auch für deutsche Schulen gangbar machen wollen. Eine staatliche Unterstützung - die in GB obligatorisch zu sein scheint - steht in Deutschland jedoch noch aus. Man kann nur die Daumen drücken, dass dieses Vorhaben weitere Verbreitung auch hierzulande findet.

Ein Highlight der Veranstaltung war dann der Direktzugriff (via www) auf das Faulkes-Telescope während der Tagung, wobei am Samstag die Objekte 2005 LW25, Pluto und 1994 TL16 online abgelichtet wurden - wirklich sehr beeindruckend!

Ein ähnliches Projekt - einige Größenklassen kleiner - stellte dann Rolf Apitzsch vor.

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Sein Vortrag Erfahrung mit einem kommerziellen "remote telescope" machte anschaulich klar, dass es inzwischen für (fast) jeden Amateurastronomen möglich ist, die häufig sehr guten Wetterbedingungen in New Mexico mit hervorragenden Amateurinstrumenten (fast ausschließlich Takahashis) bei überschaubaren Kosten als "Frühstücksastronom" (Zeitverschiebung!) auch aus Deutschland mit seinen häufigen Wetterunbilden via www "ferngesteuert" zu nutzen. Das Problem einer "second night" bei Kleinplaneten-Neuentdeckungen kann z.B. so minimiert werden.

Gerhard Lehmann (Vorsitzender der Fachgruppe Kleinplaneten im VdS) stellte sein interessantes Programm zu Kleinplanetenpositionen und -statistik vor.

Nach der Kaffeepause präsentierte Dr. Lutz Schmadel (ebenfalls vom Astronomischen Rechen-Institut Heidelberg)

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seine Arbeiten mit der Digitalisierung der Palomar-Leiden Platten. Man konnte hier unter anderem Details über die Probleme der Digitalisierung von verschmutzten, beschrifteten, 1 mm dünnen fotografischen Platten, die unangenehmen Folgen der Plattendurchbiegung, die bessere Anpassung der Laplace- gegenüber der Gauß-Funktion im basalen Bereich der point-spread-function und Vieles mehr erfahren. Hier wäre ich gerne weiter in die Materie "eingetaucht".

Der für mich (leider) letzte Vortrag war der von Mike Kretlow

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über die Massenbestimmung von Asteroiden.
Diese erfolgen (wenn ich das recht erinnere) vorwiegend durch den gemessenen Grad der Bahnablenkungen bei Kleinplanetenannäherungen. Hier ergaben sich auch Anknüpfungspunkte zum Referat von Prof. Schubarth (s.o.), und ich hätte zu gerne noch Näheres darüber erfahren, z.B. warum die benutzten Differentialgleichungen bei bestimmten Randbedingungen "hart" (?) werden ;)

Die - auch am Sonntag - noch folgenden Beiträge können hier eingesehen werden. Geplant war für den Sonntag auch noch ein Besuch der Landessternwarte auf dem Königsstuhl in Heidelberg. Da wär´ ich gerne dabeigewesen!

Fazit: Eine - für mich - rundum gelungene und lohnenswerte Veranstaltung: weiter so!

Freundliche Grüße: Uwe
(A74, Bergen-Enkheim Observatory)

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Hallo Uwe,

bin froh über Deinen Bericht! Meiner wäre lange nicht so ausführlich geworden.
Bin ohnehin kein Kleinplanet-Experte. Dr. Frevert war einer und hat ein
ganzes Leben lang seinen "rotierenden Ziegelstein" nach allen Arten astronomischer
Kunst untersucht. Harrie Rutten und Du waren der Grund für meine 3-stündige
An- und Abreise. Wegen Sommerhitze und Mittagszeit verpennte ich einige
Vorträge, auf einem Stuhl sitzend. Überrascht bin ich von der Qualität Deiner
Bilder, die im dunklen Vortragsraum entstanden. Jedenfalls war der Anlaß/Ausflug
nach Heppenheim eine Gelegenheit, sich nicht nur schreibend zu erleben.

Wer ihn noch nicht kennt: Harrie Rutten, zweiter von rechts/Mitte
neben blauer Dame und Uwe, ihm zu Füßen, der junge Mann mit dem
Fotogenen Outfit. Mich selbst sieht man auf dem Gruppenbild weiter oben.

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Das Gruppenbild war im Kasten und mich interessierte der Fotograf und die Schüssel.

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Wollte einfach mal wissen, wie so eine Volkssternwarte am Tage aussieht,
ohne die "beschlagenen" Astronomen.

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Dr. Lutz Schmadel erwies sich auch als ein profunder Kenner von optischen
Problemen. Ich nutzte nämlich das herrliche Wetter zu einem Plausch unter
den Bäumen. War in vielerlei Hinsicht sehr informativ - besten Dank an den
Herrn.

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Fast auf den Tag genau sechs Jahre später kommt hier der nächste Kurzbericht der diesjährigen 14. Kleinplanetentagung auf der Starkenburg-Sternwarte.

Hinsichtlich der Teilnehmerzahl was das wohl Rekord:

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[Bild: Matthias Busch]

Die folgenden Bilder geben nur einen sehr kleinen Ausschnitt der Veranstaltung dar, die Auswahl unterliegt naturgemäß (meinen) subjektiven Präferenzen.

Detlef Koschny eröffnete den Vortragsreigen mit einem detaillierten Überblick über die ESA-Aktivitäten zum Thema NEOs [near earth objects]:

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Besondere Erwähnung soll die Tatsache finden, dass die ESA Amateur-Asteroidenbeobachtungen an Profi-Teleskopen (hier: OGS) durch die Bereitstellung umfangreicher finanzieller Mittel fördert:

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Harrie Rutten berichtete über die Aktivitäten der niederländischen Kleinplanetenvereinigung (DMPA) :

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Rainer Kresken und Matthias Busch stellten die Ergebnisse ihrer sieben Nächte an der Optical Ground Station (Teneriffa) im Mai 2011 vor:

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Martin Metzendorf und Lothar Kurtze berichteten über erste Erfahrungen mit den Faulkes Teleskopen am Lessing-Gymnasium in Lampertheim:

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An diesem Pilotprojekt sind inzwischen drei deutsche Schulen beteiligt:

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Carolin Liefke vom "Haus der Astronomie" in Heidelberg zeigte, wie Schüler mit Hilfe der Auswertung professioneller Survey-Aufnahmen (hier: Pan-STARRS) "eigene" Kleinplaneten entdecken können:

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Und hier noch eine Anregung für alle mitlesenden Lehrer ("HdA" = Haus der Astronomie):

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Mein Fazit: Das anderthalbtägige Programm war auch diesmal wieder sehr abwechslungsreich und die Veranstaltung perfekt organisiert. An dieser Stelle ein Dank an die Macher-Crew!

Freundliche Grüße: Uwe

 

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