D055 12inch Cassegrain f-20 Fernrohre Drbohlav, Tschechien

Schade - astigmatischer Haupt-Spiegel                         

Der Sternfreund hat es jedenfalls bemerkt, wollte aber sicher gehen, daß der Astigmatismus, den er am Stern gesehen hat, nichts mit der Hauptspiegel-
Zelle zu tun hat. In einem solchen Fall nimmt man ohnehin die Spiegel heraus und lagert sie nach bestem Wissen. Auffällig beim Hauptspiegel ist die Waben-
struktur auf der Rückseite. Damit handelt man sich beim Beschichten u.U. über die Erhitzung eine Verformung des Spiegels ein. Es kann also nicht ausge-
schlossen werden, daß der jetzt vorhandene signifikante Astigmatismus des Hauptspiegels erst bei der Beschichtung entstanden ist. Derartige Spiegel sollte
man deshalb zunächst auf Astigmatismus überprüfen.

Zunächst vermutet man keinen Astigmatismus, ich selbst wurde also bewußt nicht vorinformiert. Also muß das System, ohne Tubus richtig aufgestellt und auf die opt. Achse
gebracht werden. Dabei entdeckt man zunächst eine Differenz von gerechnetem System und tatsächlichen Abständen: Tatsächliche Spiegel-Distanz 9 mm größer, der Back-
fokus ebenfalls 13 mm länger, wie angegeben, mit 304 mm hinter der Hauptspiegelfläche nur um 4 mm hinter dem gerechneten Betrag.
Die optischen Komponenten muß man schrittweise zueinander aufstellen und zentrieren. Von hinten, also von links, schaut man durch die Hautpspiegel-Bohrung auf den
Sekundär-Spiegel, von dort auf den Hauptspiegel selbst, von dort auf Unendlich, also den Kollimations-Planspiegel, und den gleichen Weg zurück. Eine Lichtquelle im
Sekundär-Fokus des System nimmt genau diesen Weg und kehrt als Abbildung dieser Lichtquelle erneut in den Fokus zurück. Damit läßt sich die Qualität des Systems
im Doppelpaß oder mit doppelter Genauigkeit beurteilen.

Drboh07.jpg

Den Hauptspiegel habe ich, nachdem der signifikante Astigmatismus im System nicht erklärbar war, selbst untersucht. Man erkennt die Material-sparende Struktur auf der
Rückseite, die aber ihre Tücken hat, was astigmatische Verformungen betrifft. Rechts ein Bild des Herstellers aus Tchechien selbst, bei dem man ebenfalls diese Struktur
erkennt.

Drboh01.jpg

Besonders bei allen Hauptspiegeln von Newton und anderen Systemen ist ein Ausschlußtest auf Astigmatismus ganz wichtig. Bei Cassegrain-Systemen umso mehr, als ein
vorhandener kleiner Astigmatismus bei einer f/20 Öffnung über den Sekundärspiegel deutlich nachvergrößert wird. Schon aus diesem Grund darf der Hauptspiegel nicht den
Hauch von Astigmatismus haben.
Es gibt ein relativ einfaches Verfahren, Astigmatismus bei Parabolspiegeln festzustellen. Wie bei einem Kugelspiegel auch, braucht man nur in den Krümmungs-
mittelpunkt der Parabel zu gehen, die aber gegenüber der Sphäre überkorrigiert ist. Also wird man nur extrafokal ein Bild bekommen mit dem deutlichen
Lichtring, der streng konzentrisch sein sollte. Zur Sicherheit kann man den Spiegel um 90° clockwise drehen, falls über die Lagerung sich Astigmatismus
einschleicht. Wie das zu beurteilen ist, bzw. welche Flächen-Verformung dabei im Spiel ist, zeigt die folgende Übersicht.

Drboh02.jpg

Die vom Hauptspiegel in Position 0 und 1 gewonnenen Interferogramme entsprechen also dieser Übersicht. Ebenso der Sterntest mit kurzbrennweitigen Okularen.
Da es sich um ein f/5 Hauptspiegel ist, der in RoC f/10 ist, kommt man mit einem 4 mm Okular ziemlich in die Nähe des Fokus selbst und dort entsteht, wie bei
einem Astigmatismus üblich, das typische Kreuz. Damit ist bereits über diesen einfachen Stern-Test für jeden der Astigmatismus nachvollziehbar. Warum der
Hersteller selbst sich nicht vergewissert, ob sein System stimmt, bleibt mir allerdings ein Rätsel. Denn gerade beim Cassegrain-System kommt es darauf an.

Drboh03.jpg

Das Prinzip läßt sich über folgende Übersicht verstehen. Im Krümmungsmittelpunkt einer Parabel bekommt man eine Brennlinie: Die Randstrahlen haben eine längere
Schnittweite, als die Mitte, deren Strahlen nach der Parabel-Retouche kürzer fallen. Nähert man sich extrafokal dieser Brennlinie, so wird man erst auf die Rand-
strahlen fokussieren können und erhält so eine Art Lichtring, an dessen Form man sofort eine astigmatische Verformung erkennen kann, umso besser, je kleiner
die Pinhole und umso kürzer die Okularbrennweite. Bei oberem Bild wurde eine 5µ Durchmesser Pinhole verwendet mit einem 4 mm Okular. Das entspricht einer
Vergrößerung von 750-fach. Je kleiner das Öffnungsverhältnis, umso deutlicher erkennt man auch im Fokus selbst das astigmatische Kreuz.

Drboh08.jpg
Caustik-Test Links und Literatur, Caustic-Figur

Das System ist leicht unterkorrigiert, das wäre aber bei einem Gesamtstrehl von ca. 0.90 gar nicht so tragisch, sondern wegen der thermischen Bewegung vom
Glas sogar richtig. Auch die Fläche selbst wäre über den Foucault-Test ziemlich glatt bei einer System-Brennweite von 6 Meter. Aber das Interferogramm bei
532 nm wave zeigt doch signifikant den unschönen Astigmatismus - schade !

Drboh04.jpg

Das Interferogramm nachgezeichnet

Drboh05.jpg

und eine Fehler-Analyse des Systems selbst. Wäre da nicht der Astigmatismus, könnte man an diesem Cassegrain seine Freude haben.

Drboh06.jpg

http://www.dalekohledy-drbohlav.cz/deutsch/index.html

 

You have no rights to post comments