D027 Meade ACF 10inch LX200 250-2500 - Ungleiche Zwillinge
Ein ausgeprägter Gaußfehler - nur falsch optimiert
Meade Advanced Ritchey-Crétien 254/2500
Meade ARC 203.2/2000
Meade SC 10 + Celestron C11
Ungleiche Zwillinge Meade ACF 10"
Um es vorweg zu sagen: Beide baugleichen Meade LX 200 ACF 250/2500 sind gute Teleskope und der Besitzer vom System B schwärmte zu
Beginn der Testreihe von den erfolgreichen Beobachtungen, die er damit bereits gemacht hatte. Ebenso eindringlich muß gesagt werden, daß
man den Strehl-Wert nicht zum alleinigen Qualitäts-Kriterium machen darf. Schließlich ist ein Vergleich erst sinnvoll, wenn die Teleskope genü-
gend Zeit zum Temperieren hatten.
Das wäre also das System A, jeweils auf der linken Seite der späteren Bilder zu finden. Die Optik ist tatsächlich komafrei d.h. bei 20 mm Felddurchmesser
so exakt in der Abbildung, wie auf der opt. Achse.
Obwohl beide Systeme baugleich sind und in einem guten opt. Zustand, unterscheiden sich beide in einem wesentlichen Detail:
System A hätte den besseren Strehl, System B wäre "glatter" und damit kontrastreicher in der Abbildung.
Wichtig: Der Strehlvergleich wurde logischerweise bei 532 nm wave (Lasermodul) vorgenommen - aber: Der Strehlwert selbst ist abhängig von der Wellenlänge,
und darin drückt sich der farbabhängige Öffnungsfehler aus (Gaußfehler). Dieser Effekt ist bereits beim "bunten" Foucault-Test auffällig. Die Links oben beschreiben
den gleichen Sachverhalt.
Die kantenscharfe Abbildung meiner 20µ großen Pinhole bei 555-facher Vergrößerung zeigt eine gute Optik, wenngleich das linke System A mehr Streulich erzeugt,
das System B rechts hingegen einen leichten Restastigmatismus hat, den man in der Störung des 1. Beugungsringes erkennt. Der künstliche Sternhimmel bei
hoher Vergrößerung entstand mit langer Belichtungszeit und zeigt deswegen die Beugungsringe sehr ausgeprägt, wie man es am Himmel kaum sehen wird. Bereits
der unterschiedliche Farbeindruck zeigt, daß der Gaußfehler bei beiden Systemen unterschiedlich ausfallen muß.
Auffälligstes Merkmal ist bei System A links die etwas unruhigere Fläche beim Foucault-, Ronchi- und Lyot-Test, die für den höheren Streulicht-
Anteil verantwortlich ist. System B ist eindeutig "glatter" als System A, obwohl doch beide aus der gleichen Fertigung kommen.
Die PSF auf der Basis der folgenden Vergleichsinterferogramme sind deswegen verschieden in der Höhe, weil System B zwar glatter, dafür aber bei
532 nm wave überkorrigiert reagiert und damit den Strehlwert "herunter" zieht.
Die gelben Hilflinien geben den Idealverlauf wieder. Koma wurde als Zentrierfehler und aus Vergleichsgründen abgezogen. Die 3D-Wellenfront-
Darstellung ist leider nicht proportional zueinander.
Meade ARC 203.2/2000 Bereits in diesem Bericht kann man den ausgeprägten Gaußfehler verfolgen, wobei sich immer die Frage stellt, in welchem Bereich
das Optimum liegt. Im Zusammenhang mit der Luminosity Kurve für die Tag- und Nacht-Beobachtung wäre für das Durchschnittsauge in der Nacht eine
Optimierung auf 656.3 nm wave = H-alpha Linie nur für die Fotografie sinnvoll, visuell wäre das weniger günstig. Interessiert man sich für die bei Refraktoren
übliche Klassifizierung des Sekundären Spektrums, so käme hier ein normaler APO heraus.
Die Systematik bleibt immer gleich: Wäre das Optimum im grünen Spektrum, dann reagiert Blau überkorrigiert und Rot unterkorrigiert. Wenn Rot perfekt
korrigiert ist, wäre Blau entsprechend stärker überkorrigiert - schlecht für die visuelle Beobachtung in der Nacht mit 18% Gesamtempfindlichkeit für diese
Wellenlänge.
Der Uwe war also enttäuscht, daß sein ACF einen so mickrigen Strehl hervorbrachte, und es half auch nichts, daß sein System B rechts sich als "glatteres"
und damit kontrastreicheres System erwies - eine Erfahrung, die er vor dem Test bereits am Himmel gemacht hatte. Um ihm zu verdeutlichen, daß der
niedrige Strehl von "nur" 0.732 etwas mit der Meßwellenlänge zu tun hätte, zeichnete ich ihm unter Abzug der Spherical ein Interferogramm, und nun
verschwand die Überkorrektur logischerweise und der Strehl sprang auf über 0.900.
Nun glaubt der Uwe den Sachverhalt ja nur, wenn man ihm das auch beweist. Also muß ein Interferogramm bei 656.3 nm wave her,
und tatsächlich, nun ist der Öffnungsfehler bei nahe Null - also wie von Zauberhand verschwunden. (In meinen Berichten bereits
mehrere Male beschrieben)
Nimm man also das IGramm bei 532 nm wave und rechnet die Überkorrektur heraus, wäre der Strehl jedenfalls über 0.900.
Nimmt man hingegen das Interferogramm bei 656.3 nm wave, dann wird System B ähnlich gut wie System A bei 532 nm wave - hinsichtlich
des Strehlwertes.
Und der liegt nun ebenfalls über 0.900.
Damit wird a) die einseitige Fixierung viele Sternfreunde auf den Strehlwert deutlich, der möglichst hoch sein soll, egal in welchem Spektral-
Bereich b) der Bezug zur visuellen Beobachtung in der Nacht bleibt undiskutiert und c) überdies wäre interessant, inwieweit überhaupt
viele der Teleskope für die optimale visuelle Nutzung geeignet sind - für die Fotografie ist das eine ganz andere Diskussion.
Das System B auf der rechten Seite ist also nicht nur "glatter", sondern hat sein Optimum im roten Spektrum - für die H-alpha Fotografie optimal, das linke System A
liegt mehr im grünen Spektrum, das wäre visuell besser - wäre da nicht der Strehlwert, der einem die Laune verderben kann.
Weil solche Überlegungen für die Praxis viel zu akribisch sind, habe ich den beiden Sternfreunden empfohlen, ihre Teleskope bei einer klaren Nacht
nebeneinander zu stellen, und Vergleichsbeobachtungen anzustellen. Vielleicht berichten sie ja hier darüber.