C016 - Fehlersuche bei einem Newton-System

... ich habe nämlich den Eindruck, die Schärfe bricht bei Vergrößerungen ab 200-fach ein. Das sollte bei einem 10 Zoll Spiegel eigentlich nicht sein.

Mit diesen Worten beschrieb der Sternfreund seine Unzufriedenheit mit seinem Newton-System. Wo deshalb die Ursache für die "schlechte Abbildung zu suchen ist, muß man  systematisch zu ermitteln suchen. Für gewöhnlich wird der Haupt-Spiegel als der "Übeltäter" gebrandmarkt, es könnte jedoch genauso gut die Lagerung von Haupt- und Fangspiegel sein, es könnte aber auch die Qualität des Fangspiegels sein, was in aller Regel bereits von Händler-Seite übersehen wird - wie man hier wieder sehen kann.

Der Sternfreund hat von Orion UK einen Test-Report beigelegt mit einem hohen Strehlwert von 0.969 und der Frage, ob dieser Wert überhaupt stimmen kann. Er stimmt tatsächlich, obwohl man die 3D-Wellenfront-Darstellung einer kritischen Prüfung unterziehen sollte, da sich dort am ehesten die Situation erhellt. Der Spiegel ist mit PV L/11.4 ganz leicht überkorrigiert, weshalb man die Spiegelrückseite immer gut kühlen sollte.

Auch meine Art, den gleichen Spiegel zu vermessen, liefert nahezu die gleichen Strehlwerte ab. Trotzdem habe ich mir ein Zwei-Stufen-Verfahren angewöhnt: In der ersten Stufe geht es um die Frage, hat der Spiegel selbst einen signifikanten Astigmatismus. (Astigmatismus kann nämlich unterschiedliche Ursachen haben, wie auf dem Bild bereits aufgezählt. Diese Einflüsse exakt zu trennen und zuzuordnen, ist nahezu unmöglich) Bei dem Wert von Astigmatismus spielt eine entscheidente Rolle, ab welcher Größe würde man ihn wahrnehmen. Nach meiner Auffassung frühestens bei einem Wert von PV L/5 und größer, weshalb ich später in der Auswertung nur noch die sphärische Aberation berücksichtige.

Die Interferenz-Streifen sind leicht "M"-förmig gebogen, was ein Hinweis auf leichte Überkorrektur ist. Astigmatismus ist selbst im Autokollimations-Setup unbedeutend.

Die 3D-Wellenfront-Darstellung zeigt noch einmal überdimensioniert die Überkorrektur.

Der von mir ermittelte Strehlwert liegt nahezu beim ZYGO-Wert von Orion-UK: Also Strehl = 0.969 zu Strehl = 0.962

Interessanter sind die Ergebnisse der Standard-Tests. Unter der Micromamelonnage-Diskussion zeigt sich beim Lyot-Test eine doppelte Struktur:  In seinem Buch "Das Fernrohr für Jedermann", 5. erweiterte Auflage im Orell Füssli Verlag Zürich, 1972 nannte Hans Rohr auf Seite  82/83 diese Flächen Struktur eine "Hundekuchen-Oberfläche". Das wäre also eher die Grobstruktur, wenn die Temperatur der Pechhaut nicht stimmt. Dieser Spiegel hat aber auch eine Feinstruktur, die man als glatt bezeichnen müßte. Wer also derartige Ergebnisse zu quantifizieren versucht, wird schnell merken, daß er hier an die Grenze einer sinnvollen Quantifizierung stößt. Genau dieses Problem stellt die Quantifizierung doch erheblich in Frage. 

Der Hauptspiegel ist also soweit in Ordnung und sollte bessere Bilder abliefern - wenn da nicht auch noch der opt. Einfluß des Fangspiegels eine Rolle spielen würde: Der kann z.B. einen Radius auf der Fläche haben, die sog. POWER. In der 45°-Position entsteht dadurch dann deutlicher Astigmatismus, der eindeutig dem Fangspiegel zugeordnet werden muß.

Die Prüfung von Planflächen hat bereits Italiener Vasco Ronchi gegen einen Kugelspiegel geprüft. In meinem Fall ist bereits der "Artificial Sky Test" sehr aussagekräftig hinsichtlich der Abbildungsqualität der Planfläche.

Zunächst ein Beispiel dafür, wie ein perfekter ellipt. Flat für einen Newton eigentlich bei diesem Test aussehen müßte: Bei diesem Test muss die Dreiergruppe eindeutig aufgelöst sein, da ja das theoretische AuflösungsVermögen eines 250 Newton-Spiegel einen Abstand von ca. 3µ auflösen kann. Über die folgende Fotografie läßt sich das beweisen, daß mein Test-Flat diese Bedingung erfüllt - die nachfolgenden eher weniger. Berücksichtigt werden muß aber, daß man bei einem Fangspiegel nie die gesamte Fläche braucht, sondern je nach kleiner Achse nur bis zu 80% des Fangspiegel-Durchmessers.

Beim kleineren der beiden Flats bricht das Auflösungs-Vermögen meiner Sterngruppe bei 333-facher Vergrößerung deutlich ein: Die mittlere Dreiergruppe hat die Abstände 10µ und 8µ. Der Newton 250/1200 hätte 0.5536 arcsec Auflösung, was einer Auflösung von ca. 3µ entsprechen würde.  Damit ist die Ursache für die schlechte Auflösung geklärt.

In diesem Zusammenhang schneidet der größere Fangspiegel deutlich besser ab. Wenn man noch berücksichtigt, daß bei einem Fangspiegel selten die ganze Fläche benutzt wird, dann verbessert sich damit noch einmal das Ergebnis, weil der Fehler eher dem oberen Rand zuzuordnen ist. Die erste "Maßnahme" wäre also nur der Austausch des kleinen Spiegels durch den großen. 

Der Hauptspiegel sollte natürlich von hinten ebenfalls gut belüftet sein.


Der Sternfreund aus Berlin schrieb abschließend dazu:

Hallo, 

Es ist ein schönes Beispiel dafür, wie Theorie und Praxis zur Übereinkunft finden. Die von Ihnen vorausgesagte Verbesserung durch den größeren FS ist so eingetreten. Die Schärfe bricht auch bei Vergrößerungen über 200 fach nicht mehr ein und die Sterne erscheinen wesentlich besser definiert, mit schönen Beugungsscheibc hen. Da bei meiner visuellen Auslegung theoretisch ein 50 er FS genügen würde, kommt der etwas schlechtere Rand des 63 er FS so nicht zum Tragen, dadurch auch die sehr gute Abbildungsleist ung. Mars zeigte mir gerade schöne Details und auch Jupiters Bänder erschienen mit gutem Kontrast. Wenn die Luftruhe richtig mitspielen würde, wäre sicher noch mehr drin. Alles in Allem kann ich zufrieden sein und mich wieder an schönen Beobachtungen erfreuen. 

CS Michael

 

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Kommentare   

# Michael 2014-05-14 18:58
Lieber Herr Rohr,

Urlaub vorbei, Newton wird weiter getestet. Im Krater Plato waren in den letzten Tagen die kleinen Krater sehr deutlich zu sehen, so habe ich sie noch nie in meinem Teleskop gesehen. Der Clou war aber gestern Abend. Zum ersten mal habe ich den Saturnmond Enceladus aufgespürt, er blitzte in Momenten guter Luftruhe oftmals auf, und das bei nicht unbedingt idealen Bedingungen. Vom Balkon aus und der fast volle Mond störten bestimmt sehr stark. Stellarium hat mir bei der Aufsuche geholfen.

Der Umbau hat sich also gelohnt. Wenn ich Gewißheit einer weiteren Verbesserung hätte, würde ich den 63 er FS noch gegen einen 54 mm FS von ICS tauschen. Aber 180 Euronen in ein ungewisses Vorhaben zu investieren, ich weiß nicht, ob das sinnvoll

wäre.



Viele Grüße CS Michael