B096A * SkyWatcher 150 OTA Star-travel für Kometen, Sternhaufen und Fotografie
Es ist ein lichtstarker Fraunhofer für Kometen-Beobachtung, Sternhaufen, für Großfeld-Beobachtung und auch für die Feldfotografie,
solange man keine Ansprüche stellt, wie an einen APO. Man benutzt ihn bei niedrigen Vergrößerungen und freut sich über die groß-
artige Übersicht. Er ist bei zwei Anbietern für 639.- Euro zu haben und damit ein günstiger Preis. Anders als bei früheren Fraunhofer-
Systemen zwischen f/15 bis f/25 Öffnungsverhältnis, hat dieses System eine "Wahnsinns"-Öffnung mit f/5. Damit ist ein Fraunhofer-
System schlichtweg überfordert, was das Sekundäre Spektrum betrifft. Entsprechend "bunt" sind die einzelnen Sternpunkte bei hoher
Vergrößerung.
Linsenfassungen von Zeiss oder von Lichtenknecker sind/waren einfach durchdachter. Derartige tiefschürfende Gedanken macht
sich eine fernöstliche Massenproduktion nicht - denen geht es nicht gerade um Spitzen-Optik.
Und weil mit Sicherheit ein ganz mutiger Sternfreund wissen wollte, wie so ein Fraunhofer-System innen aussieht, bemühte er einen
kleinen Schrauben-Dreher, und hinterließ die dazu verräterischen Spuren. Und weil er offenbar nicht wußte, daß man Plättchen nicht
vertauschen, und überhaupt darauf achten muß, daß beide Linsen exakt wieder zueinander in der Fassung versenkt werden müssen,
handelte sich dieser mutige Freund eine heftige Achskoma ein, sodaß die Linsenverkippung durch Unterlegen eines 0.12 mm Zusatz-
Plättchens dieser Fehler wieder beseitigt werden mußte. Vorheriges Nachdenken ist also dringend empfohlen. (Linsen voneinander
abzuheben bedeutet nach einer Reinigung im Regelfall mehr Staubteilchen dazwischen als vorher.
Man kriegt diese gar nicht so einfach weg.)
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Wer der "tapfere" Sternfreund war, läßt sich nicht ermitteln, aber ich will einige Hinweise geben, wie man in einem solchen Fall vorgehen könnte.
Die vorhandene Koma ist heftig ausgefallen und sowohl über meinen Artificial Sky Test oder einen einfachen Sterntest gut nachzuweisen. Und
bereits jetzt sollte man nachdenken: Die sogenannte "Koma" hat einen Koma-Kern und einen Koma-Schweif. Der Koma-Kern zeigt hier auf ca.
13:00 Uhr, der Schweif auf 07:00. Das bedeutet, daß analog dazu das Plättchen entweder bei 13:00 Uhr oder bei 07:00 Uhr betroffen ist. Man sollte
also durch Markierung und einem Protokoll diese Details unbedingt festhalten, weil es um die Frage geht, welches Plättchen muß man eventuell
stauchen (wie seinerzeit Bernhard Schmidt) oder unter welches Plättchen man einen Metall-Streifen mit bestimmter Dicke unterlegen muß.
Nirgend gibt es dazu eine Anleitung, also ist eine systematische Akribie zur Aufdeckung des Sachverhaltes bereits beim ersten Male notwendig.
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Natürlich zerlegt man das Scope soweit, daß man nur die Objektiv-Fassung vor sich hat, z.B. weil deren Höhe die Höhe des kleineren Zylinders
vorgibt, mit dem man das Linsen-Paket vorne aus der Fassung heben kann. Und weil selbst zwei Einzellinsen schnell zueinander verrutschen,
sollte man eine Vorrichtung haben, in die man das "Paket" zwischenlagert, damit nichts verutscht und man in Ruhe arbeiten kann. Andernfalls
könnten sich die Einzellinsen selbständig machen und bei der Gelegenheit gleich die Plättchen verschwinden lassen. Die Position der beiden
Linsen unbedingt zueinander markieren, weil damit der Hersteller gegen einen inneren Astigmatismus vorgegangen sein könnte. Der hat nämlich
die Position der Linsen zueinander gesucht, bei der der Rest-Astigmatismus am kleinsten ist.
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Dort, wo sich der Koma-Kern zeigt, dort muß man anschließend irgend eine dünne Blei- oder Zinn-Folie unbekannter Dicke unterlegen,
und dort, wo der Komaschweif zu sehen ist, wäre das Plättchen mit einem Holzdübel-Stab zu stauchen - aber bitte gefühlvoll, vielleicht
mit einem 500 gr. Gummi-Hammer.
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Im folgenden Bild sind deshalb die Zusatz-Einrichtungen gezeigt, damit nicht unversehens ein optisches Unglück entsteht und die Optik dann
bei mir landet. Derartige Patienten hatte ich nämlich bereits einige hier und erfordern immer wieder systematische Arbeit.
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Um nicht mühevoll neue Unterleg-Plättchen herstellen zu müssen, probiert man es zunächst mit einem breiten ALU-Klebeband ( 0.05 mm Dicke)
aus dem Heizungsbau. Da hätte man eine bekannte Dicke und eine dünne Klebeschicht, und könnte im Ernstfall diesen Streifen wieder abziehen,
wenn es nicht stimmen sollte. Ich tastete mich zunächst mit zwei dieser Streifen auf dem entsprechenden Plättchen in Richtung Optimum, und
als ich merkte, daß die Koma immer mehr verschwand, schnitt ich den 3. Streifen nur halb so groß: Es könnte ja nun zuviel gewesen sein, und
dadurch läßt er sich besser stauchen, was sich später auch bestätigten sollte. In der Haltevorrichtung kann man deshalb in aller Ruhe arbeiten,
auch wenn die Hände nicht mehr die Ruhe eines 30-jährigen haben.
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Mit dem Ergebnis kann man also zufrieden sein und wird seinen Besitzer sicher entzücken.
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Ein paar weitere Tests, die das übliches Sekundäre Spektrum eines Fraunhofer Objektivs zeigen. Siehe auch folgende Berichte:
http://rohr.aiax.de/FH-AchromatA.jpg ;
http://rohr.aiax.de/Foucault-SekSpektrum.jpg ;
http://r2.astro-foren.com/index.php/de/9-beitraege/01-aeltere-berichte-auf-rohr-aiax-de-alles-ueber-apos/62-kap-01-farblaengsfehler-bei-refraktoren-13-september-2008
Siehe dazu: http://rohr.aiax.de/foucault-bilder.jpg
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Am oberen Bild und besonders am Rochi-Test sieht man den farbabhängigen Öffnungsfehler: Im grünen Spektrum, bei 550 nm wave, oder der
e-Linie mit 546.1 nm wave sollte es keinen Öffnungsfehler geben. Die längere Wellenlänge bei Rot wäre dann unterkorrigiert, die kürzere bei
Blau demzufolge überkorrigiert. Preis-abhängig vermeidet der Hersteller für gewöhnlich diese akribische Arbeit, die nötig wäre, um das entsprechend
zu realisieren und so ist das Optimum oft im kurzen Spektrum, oft auch im langen Spektrum. Um das zu korrigeren, wäre die Arbeit von mehreren
Tagen erforderlich, und das würde dann den Anschaffungspreis von 639.- Euro übersteigen. Dem Sternfreund wäre das dann auch nicht zu vermitteln,
warum bei einem solch preisgünstigen Fernrohr noch solche aufwendigen Arbeiten erforderlich sind. Für diesen Fall sollte man dann lieber zu
einem wesentlich teureren APO greifen, der aber dann mehrere Kilo-Euro kosten würde. Obwohl das Interferogramm bei 532 nm wave entstand,
sieht man bereits die Restfehler von Astigmatismus, Koma und Spherical, die sich nur in einem langwierigen trial-and-error-Verfahren vielleicht
beheben lassen.
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Dazu passend die Wellenfront-Deformation
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Die Energie-Verteilung als Point Spread Function
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Und schließlich eine differenzierte Strehlaussage.
Nun erlebe ich immer wieder, daß eine Qualitäts-Einschätzung immer wieder über einen undifferenzierten Gesamtstrehl vorgenommen wird,
und das eben noch deklarierte Schnäppchen sofort als Gurke in Grund und Boden gestampft wird. Besonders auf den astronomischen
Sozialen Medien findet man solche "Geister", die durch nichts zu bekehren sind.
Der Anteil an Rest-Astigmatismus ist mit ca. PV L/4 (Grundordnung + höherer Ordnung) nicht wahrnehmbar bei niedriger Vergrößerung.
Der Koma-Anteil mit PV L/5 sagt nur, wie erfolgreich die Zentrierung gewesen ist. Und die
Sphärische Aberration setzt sich zusammen aus dem einpolierten Öffnungsfehler + dem farbabhängigen Öffnungsfehler und damit abhängig
von der Spektralfarbe, also für Rot unterkorrigiert und für Blau leicht überkorrigiert. Je nach Spektral-Farbe bekommt man deshalb einen
anderen Strehl-Gesamtwert. Ich habe schon erlebt, daß in diesem Zusammenhang ein Sternfreund einen Anwalt bemühen wollte, weil er
diesen Unterschied nicht erkannt hatte. Auch wenn dieser Kometensucher preisbedingt nicht ganz perfekt ist, wird man den scheinbar
niedrigen Strehlwert gar nicht wahrnehmen und seine Freude an dem "reparierten" Scope haben.
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