B098A Ein Achromat für den russischen Zaren 270-3800

http://de.wikipedia.org/wiki/Georg_Merz_(Optiker)
http://de.wikisource.org/wiki/ADB:Merz,_Georg
http://www.meridiankreis.de/?p=121
http://www.deutsches-museum.de/fileadmin/Content/data/Insel/Information/KT/heftarchiv/1986/10-1-18.pdf

Dieser Achromat von der Firma G. & S. Merz GmbH München dürfte vermutlich bereits 100 Jahre überstanden haben. Er soll,
so berichtet man, eine Anfertigung für den russischen Zaren gewesen sein. Die russ. Revolution jedoch habe das Projekt
zerschlagen und so blieb dieser Achromat irgendwo versteckt in Deutschland. Der jetzige Eigentümer möchte nun wissen,
mit welcher Qualität er es zu tun hat, und ob es sinnvoll ist, dieses (schwere) Objektiv zu optimieren.

Ein F/14 Achromat würde man heute kaum noch fertigen. Statt dessen sollte es ein APO sein, der aber mit diesem Durchmesser
vermutlich mindestens 50.000.- Euro kosten würde. Als Achromat hätte er einen deutlichen Farblängsfehler, in diesem Fall
für Blau ca. 2 mm länger, für Rot ca. 0.9 mm länger als die Hauptfarbe Grün. Umgekehrt wäre günstiger. Die Farbsituation
spricht also gegen eine Optimierung. Betrachtet man die Restfehler,  dann wäre der Astigmatismus mit PV L/1.3 der erste
Angriffs-Punkt, was eine Frage von Fassung und Lagerung der Linsen bedeutet. Die Achskoma mit PV L/4.4 könnte man zwar
heraus-zentrieren, gewinnt aber dadurch keine wesentliche Verbesserung der Gesamt-Situation. Spherical selbst ist mit PV L/7.1
unbedeutend.

Rein Rechnerisch hat das Objektiv eine Auflösung von 0.512 arcsec bei Grün. Beim Artificial Sky Test ergibt sich über das Foto
eine Auflösung von 0.9 arcsec, allerddings mit sehr viel Streulicht über das Bildfeld. Eine Vergrößerung von ca. 200-fach dürfte
jedoch noch realisierbar sein mit einem 20 mm Okular. Für einen Achromaten ist dieser Fraunhofer vergleichsweise farbrein.


11FH_01.jpg
-
11FH_02.jpg
-
Bei der obere Reihe wurde auf die Hauptfarbe Grün fokussiert und über die Power der Farblängsfehler für Blau und Rot ermittelt.
Bei der unteren Reihe hingegen auf jede dieser drei Farben. Leider dominiert der Rest-Astigmatismus, sodaß der Gaußfehler kaum
erkennbar ist: Überkorrigiert im kurzen Spektrum Blau und unterkorrigiert im längeren Spektrum Rot. Selbst wenn man Grün
auf Null bringen wollte, indem man alle Restfehler beseitigt, ändert man an dem System Achromat = Farblängsfehler wenig:
Einfach in ein Fernrohr gebaut und bis zu 200-fache Vergrößerung, das könnte viel Spaß machen.


11FH_03.jpg
-
Die späteren Zeiss-AS Objektive liegen je nach Durchmesser bis zu einer RC_INdex-Zahl von ca. 2.0 und kommen den Halb-APO's
schon sehr nahe. Im Vergleich zu den Achromaten aus China und USA RC_Index < 15.- wäre dieser hier jedoch farbreiner. 


11FH_04.jpg
-
Man könnte zwar diesen Achromaten optimieren, müßte aber sehr viel Arbeitszeit hineinstecken, was bei einem derart
schwergewichtigen Achromaten nicht ganz einfach ist. Es bleibt aber trotzdem ein Achromat mit seinen Eigenschaften.


11FH_05.jpg
-
11FH_06.jpg
-
Der Astigmatismus als Haupt-Rest-Fehler zieht das Maximum nach unten und begrenzt damit die Vergrößerungs-Leistung.

11FH_07.jpg
-
Die differenzierte Übersicht zeigt, wo man mit der Optimierung ansetzen müßte.

11FH_08.jpg
-

 

You have no rights to post comments

Kommentare   

# Günter 2015-04-22 13:16
Hallo Wolfgang,

sehr interessantes Objektiv!

in den 80zigern stöberte ich häufig, in allen Städten die ich besuchte in Buch,- und Foto - Antiquariaten herum, auf der Suche nach Astronomischen Schätzchen.

So sah ich Anfang der 1980ziger, bei einem Foto Antiquariat in Hamburg, mal so ein Merz Achromaten - Objektiv, so um die 160 /2600 mm mit dieser Fassung und den 3 Fach verschraubtem Frontring, aus einem im Krieg zerstörtem Holztubus, das dort restauriert wurde.

Der erfahrene Optiker dort sagte mir, dass der größte Bildfehler ( ich denke er meinte den Asti von den Korirsionsprodukten herrühre, die auf die Linsen drückten!
Und Er diese beseitigt habe und neue Distanzplättchen angefertigte + beilegte, die nun wieder zu runden Sternscheibchen geführt hätten.
Was er mir mit am künstlichen Stern zeigte!


Gruß Günter
# wolfgang 2015-04-22 16:35
Genau in diese Richtung würde ich eine Optimierung ebenfalls durchführen. Nur das Linsengewicht schreckt mich ebenso, wie die Arbeits-Zeit, die man dann hineinsteckt - ich muß also erst mit dem Besitzer verhandeln.
# Jürgen Kost 2015-11-24 13:21
Guten Tag in die Runde, gibt es die Möglichkeit direkt mit dem Besitzer des Objektivs in Verbindung zu treten? Ich forsche schon einige Jahre über die Firma Merz und würde gerne der Geschichte des Objektivs auf den Grund gehen. Da es lt. Geschäftsbücher der Firma Merz zwischen 1829 und 1932 nur rund 10 Objektive mit dieser Öffnung 270 mm = 10 par. Zoll) gab sollte eine genaue Zuordnung möglich sein. Schön wäre es natürlich auch wenn das Objektiv im Originalzustand bleiben könnte. Diese Entscheidung trifft jedoch letztlich de Besitzer selbst. Gruß in die Runde Jürgen Kost (www.meridiankreis.de)
# ALBERT 2024-02-08 23:22
Aber die Russen und Deutschen hatten eine langjährige Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Optik, wir haben die Geschichte vergessen.