B087 FH 150-2330 HA-Objektiv von Lichtenknecker, Falt-Refraktor: schreckliche Bauweise
Falt-Refraktor mit Lichtenknecker 150/2330 HA-Objektiv
Nicht alle Tage "flattert" einem eine astronomische Bastelarbeit ins Haus, die zudem noch bestückt ist mit einem fast schon historischen HA-Objektiv,
wie es vor Zeiten in den Katalogen von Dieter Lichtenknecker, Hasselt, abgeboten worden war. In diesem Fall erfolgt zunächst die Prüfung des Objektivs
selbst und hernach ist eine Überarbeitung und sorgfältige Zentrierung/Kollimierung zu Tubus und dessen Falt-System erforderlich. Eine Arbeit, die nicht
jeden Tag anfällt, besonders hinsichtlich der Kollimierung des Falt-Systems im Tubus.
Als Feinmechaniker im ersten Beruf stolpert man zunächst über die "Stoffbespannung" im inneren Teil. Der private Hersteller hat sich als lichtschluckende Verkleidung
diesen dunklen Tüll auserkoren, wie er bei der Herstellung neckischer Damen-Dessous verwendet wird. Entsprechend leichtfertig war dieses Material denn auch ver-
klebt. Sogar einen leichten Faltenwurf hat dieser Bastler eingearbeitet: Hier gilt das Fraunhofer-Zitat: "Meine Optiken sind zum Durchschauen, nicht zum Anschauen."
Während diese Ansicht rechts den verlängerten Okularauszug zeigt und links daneben den zweiten Umlenk-Planspiegel . . .
Zeigt dieser Einblick den vorderen Teil des gefalteten Tubus, bei dem das HA-Objektiv herausgenommen wurde. Die gesamte Ausführung wurde mit Pertinax realisiert.
Auch vorne sind Teile dieses Tüll-Stoffes verklebt. Möglicherweise wäre Velour-Folie zweckdienlicher gewesen. Für solche Tuben eignet sich eine kastenförmige Bau-
Weise deswegen besser, weil man von oben her besser arbeiten kann und zusätzlich ebene Flächen hat, die man leichter verkleben kann.
Nun ist das Objektiv wieder eingesetzt, mit passenden Inbus-Schrauben. Damit ist die Kollimierung der Optik zum System viel unkomplizierter. Ein System, bei dem
alle möglichen Schrauben verwendet werden, zwingt auch dazu, alle möglichen Werkzeuge bereit zu halten. Rechts neben dem Objektiv sieht man die Zentrier_Lösung
mit Flügelmutter auf der Zugschraube, während M5 Gewindeschrauben mit Schlitzkopf die Druckschrauben bilden. Auch hier wären Inbusschrauben viel sinnvoller,
weil feinfühliger zu bedienen. Die Lagerung der Planspiegel scheint OK zu sein, wenn man das System gegen einen Planspiegel prüft.
Die Fassung von Lichtenknecker-Objektiven hat die Eigenheit, daß innen ein Ausfräsung existiert, über die man ein Korkplättchen von außen zuartfühlend an die
Linse drücken kann, und somit diese beiden Linsen seitlich fixierbar sind. Diese Art taucht als Markenzeichen bei allen Lichtenknecker-Optiken auf. Dieter Lichten-
knecker hat aber nie die Orientierung seiner Linsen mit einem Filzschreiber versehen, und nie um die Linsen ein Tesa-Klebeband gelegt. Daran war zu ersehen, daß
vorher ein Zentrierversuch stattgefunden hatte, der nur leider zu einem dreieckigen Astigmatismus geführt hatte. Auch der direkt auf der ersten Linse liegende
Haltering mit 6 Kork-Pats ist grundsätzlich unüblich. Es sind immer nur drei um 120° versetzte Punkte, die ansonsten übereinander liegen müssen, wie im Foucault-
Bild am Rand gerade noch erkennbar. Mit einer Öffnungszahl von f/15.5 spielt der Gaußfehler eine untergeordnete Rolle.
Das extrafokale Sternscheibchen vor der Überarbeitung hat eher eine dreieckige Form und drückt bei einer späteren IGramm-Auswertung den Strehlwert auf ca. 0.84,
was noch beugungsbegrenzt ist, aber ganz bestimmt die Werkstatt von Dieter Lichtenknecker nicht verlassen hat. Erst nachdem sich über mehrere Versuche eine
Drehung von 180° als beste Lösung herausgestellt hat, wurde das gleiche Sternscheibchen plötzlich einigermaßen wieder rund und der Strehlwert stieg wieder an.
Die Situation vor der Überarbeitung zeigt diese Übersicht. Ein dreieckiger Astigmatismus verhagelt den Strehl-Wert, während die Zentrierung
(Koma) und der Linsenabstand (Spherical) stimmt
.
Auf die Lichtenergieverteilung bzw. die Point Spread Function wirkt sich das aus, wie diese 3D-Darstellung zeigt. Es verschwindet zuviel
Energie in die Beugungsringe und das Maximum wird kleiner. Für diesen Fall zieht man keinen Fehler von REMOVE ab, solange man die
Summe der Fehler betrachten will. Isoliert man die einzelnen Fehler, so würde man jeweils die beiden anderen deaktivieren.
Was allein die Drehung der Frontlinse nach der Überarbietung bewirkt, zeigt diese Übersicht. Aus dem Astigmatismus von PV L/2.2 verbleibt
ein Rest von PV L/5.3. Koma und Spherical sind weiterhin verschwindend klein.
und auch die Energieverteilung hat sich normalisiert, das Maximum ist angestiegen, die Beugungsringe sind niedriger geworden.
Würde man ausschließlich unter dem Aspekt der Farbreinheit dieses Objektiv vergleichen wollen, dann liegt es sehr dicht bei den Zeiss AS 150/2250, die eine
RC_Indexzahl von ca. 2.7 haben, während das Zeiss AS 200/3000 nur auf RC_Index = 4.6 kommt. Die Schnittweiten der Spektralfarben hält sich auch an die
übliche von Zeiss her bekannte Reihenfolge.
Die Frage, ob dieses Objektiv im alten Katalog von Lichtenknecker gefunden werden kann, läßt sich nicht ganz eindeutig beantworten: Unter den HA-Objektiven
wurde mit Durchmesser 150 und Brennweite 2250 ein f/15 Objektiv angeboten mit einer RC_Indexzahl von 5.0. Unser Objektiv hätte aber laut Aufschrift einen
Fokus von 2330, was aber die Farbreinheit nicht in so deutlicher Weise beeinflussen kann.
Bis max- 300-fache Vergrößerung wird man mit dieser Optik realisieren können, und damit läßt sich doch schon sehr gut beobachten.