B081 Zeiss E 110-750 Nr. 78 400 Carl Zeiss Jena 78 400 C-Obj.

Strehlwert geschrumpft - Zeiss C-Objektiv

Weil über den Strehlwert viel Unsinn erzählt wird von Leuten, die nur die Foren vollschreiben, wie hier und hier, ist eine Information darüber, wie man
bei unterschiedlichen opt. Systemen den Strehlwert einzuschätzen hätte, durchaus sinnvoll. In oberem Beispiel tauchen solche Bekenntnisse auf:
Zit: "Die mich kennen, wissen ja schon lange, wie ich persönlich zu diesen Strehl >97% Messergebnissen bei 20 Zöllern und größer stehe" Auch das
nächste Zitat zeugt eher von Arroganz, als von tatsächlichem Fachwissen: Zit:"wie man Strehl richtig misst das wissen AH, Andi, Deneb, Horia, Kai,
PeJoerg, Plössel und ich tatsächlich besser als hier von der hochgelobten Firma ALLUNA Optics vorgeführt. Sonst würden wir nämlich keine ordenlichen
Selbsschliff-Spiegel zustande bringen. Warum also sollen wir denn nicht auf die Schwächen des hier gezeigten Messprotokolls eingehen?" [Anm.: Einen Spiegel
kann man messen, einen Strehwert ermitteln.] Kein Fein-Optiker aus der Industrie bzw. von Zeiss käme auf die Idee, sich derart despektierlich über
andere zu verbreiten. Deswegen halte ich diesen Leuten bisweilen den Spiegel vor - was ihnen natürlich nicht gefällt.

Zurück zum Zeiss-C-Objektiv. Ist der Strehlwert tatsächlich geschrumpft?

Das kann natürlich nicht sein! Geschrumpft sind stattdessen die Abstandsplättchen. Dieser Effekt ist besonders auch bei den Zeiss-B-Objektiven zu beobachten,
und führt regelmäßig dazu, daß sich Wolfgang Busch dieser einmalig farbreinen Objektive annimmt: 2008 Die Optik Konferenz bei Wolfgang Busch
Dieses C-Objektiv war zur Zeit der Fertigung perfekt, aber auch hier sind es die thermischen Effekte, die auf eine andere Art einen Einfluß auf die Korrektur der
Optik haben und damit auf den Öffnungsfehler bzw. die Überkorrektur der Gesamt-"Linse". Auch bei einem Newtonspiegel stimmt der angegebene Strehl nur,
wenn der Spiegel thermisch im Gleichgewicht ist. Und das ändert sich in einer Beobachtungsnacht ganz heftig: Strehl und Temperatur - wenn sich Spiegel durchbiegen
Würde man also beim C-Obj. den Linsenabstand vergrößern, sodaß der ursprüngliche Abstand wieder hergestellt wäre, dann hätte man wieder ein perfektes Objektiv,
was vermutlich bei 587.6 nm wave (gelb) sein Optimum hätte. Nur leider ist keiner bereit, die Mühe, die man in so eine Optik steckt, entsprechend zu honorieren,
es ist ja lange nicht so farbrein, wie das Zeiss-B-Objektiv.

Wenn einstens einmal die "Adaptive Optik" Einzug hält in den Amateur-Bereich, das würde dann die Strehlgläubigkeit vollends in den Wahnsinn treiben.

Zeiss-C110_01.jpg

Sehr deutlich zeigt bereits der Künstliche-Sternhimmel-Test, daß durch die systembedingte Überkorrektur ein Teil der Energie in den 1. Beugungsring "verschwindet",
bzw. den Sternscheibchen-Durchmesser "aufbläst". Bei einem Felddurchmesser von 10 mm stellt sich üblicherweise bereits Astigmatismus ein, da wird ein Stern als
kleines Kreuz abgebildet. Bei 20 mm Felddurchmesser kommt dann noch deutliche Koma hinzu, wie die Figur ebenfalls deutlich zeigt.

Zeiss-C110_02.jpg

Über die Farbverteilung beim Foucault- und Lyot-Test läßt sich der Farblängsfehler bereits beschreiben: Grün/Gelb müssen dicht beieinander liegen, gefolgt von
Rot und Blau. Über die folgenden Interferogramme läßt sich das in Zahlen ermitteln. Über jedem Objektiv liegt der farbabhängige Öffnungsfehler (Gaußfehler) bei
dem im kurzen Spektrum (Blau) ein Refraktor überkorrigiert ist, im langen Sppektrum (Rot) hingegen unterkorrigiert. Dieser Fehler wird so überlagert, daß zur
Überkorrektur bei Blau noch die Systemüberkorrektur hinzu kommt, und damit den Strehlwert von Blau deutlich nach unten zieht. Beim RonchiGramm sind bei
Überkorrektur die Streifen bauchig, bei Unterkorrektur kissenförmig.

Zeiss-C110_03.jpg

Bei 532 nm wave müßten deshalb die Interferenz-Streifen perfekt gerade sein. Eine "M"-förmige Verformung zeigt deshalb die Überkorrektur in diesem Spektralbereich an.

Zeiss-C110_04.jpg

Es ist also diese über viele Jahre entstandene Überkorrektur wegen Schrumpfung der Abstandsplättchen, die den ursprünglichen Strehlwert
empfindlich drücken, und in der Folge unnütze Diskussionen bzw. Abwertungen auslösen.

Zeiss-C110_05.jpg

Auf der Basis dieses Streifenbildes lassen sich nun mehrere Betrachtungen anstellen: Der heutige Strehlwert liegt bei 0.853 bzw. PV L/3.5.
Würde man nun den Anfangszustand wissen wollen, und genau diese Überkorrektur abziehen, dann springt der Strehl um ca. 10%-Punkte
auf 0.955. Dieser Wert enthält anteilig Astigmatismus mit L/5.7 oder einem Strehl von 0.961, die Koma/Zentrierung könnte man mit PV L/14.0
oder Strehl = 0.993 vernachlässigen, und die Überkorrektur beträgt anteilig PV L/4.0 oder ein Strehl von 0.893. Für die Praxis wäre dieses
Objektiv immer noch tauglich, und es braucht schon viele Übung, wenn man das in der Summe aller Fehler überhaupt am Himmel bemerken
würde im Zusammenhang mit einer Vergrößerung von max. 200-fach und damit einer sehr dunklen Bildhelligkeit. Die PSF-Funktion zeigt die
Energie-Verteilung, wie sie bereits beim 2. Bild oben links dokumentiert wurde. Ohne Überkorrektur zeigt die Wellenfront-Darstellung haupt-
sächlich den Rest-Astigmatismus von PV L/5.7 .

Zeiss-C110_06.png

In der folgenden Übersicht zeigen die Zahlen mit gelber Schrift die aktuellen Strehlwerte. Ohne Überkorrektur wären es die Strehlwerte mit weißer Schrift. Das "Abkippen" der
Streifen nach unten ist ein Hinweis auf den Farblängsfehler, und drückt die Power aus. Über diesen Wert kann man ebenfalls den Farblängsfehler ermitteln, nachdem man in
der unten eingeblendeten Tabelle die Werte ermittelt hat. Das Rechenverfahren geht über die Differenz der Pfeilhöhe. Auch ohne die Zahlenwerte läßt sich über die Abkippung
der Streifen bereits festsstellen, wie die Farbschnittweiten zueinander liegen. Grün/Gelb muß nahe beieinander liegen, ebenso Rot und später Blau. 510 nm wave liegt noch
stärker bei Grün/gelb. Am Stern würde man dann einen entsprechenden Farbdsaum sehen können.

Zeiss-C110_07.jpg

In der RC-Systematik sind die AS-Objektive natürlich um einiges farbreiner, die zwischen 5.0 und 2.0 RC_Indexzahl liegen

@pud4.jpg

In der oberen Liste wird dieses Objektiv mit einer RC_Indexzahl von 8.1 veröffentlicht. Der Grund ist das große Öffnungsverhältnis, weshalb die Schärfentiefe
sehr klein ist im Verhältnis zum Farblängsfehler. Das 110/1650 AS BK7/KzF2 fällt dagegen äußerst farbrein aus mit RC_Index 2.7. Früher ging das nicht anders.

Zeiss-C110_08.jpg

Im Sinne meiner Eingangs-Bemerkung halte ich eine differenzierte Sicht zum Strehlwert für nützlicher, statt Krawall-Diskussionen zu führen, die vor allem keinem
nützen, außer dem eigenen EGO. Und genau aus diesem Grund habe ich meinen Beitrag geschlossen, damit es ein Informations-Forum bleibt.

Siehe hier: http://www.astro-foren.de/showthread.php?p=56064#post56064

 

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