B043 Traveler 105-610 AstroPhysics Mit oder ohne Glasweg - was wollte der Designer
Vorwort
Quote:
Es verwundert nicht, wenn viele Begriffe mehr oder weniger "unscharf" sind. Auch in der Optik muß man sich genau überlegen,
wieviel Information man aus bestimmten Begriffs-Angaben ziehen kann. Der Strehl-Begriff ist ein solches Beispiel: Wenn ein
Newton-Spiegel beispielsweise einen hohen Strehl hat, dann ist das noch kein Hinweis darauf, daß er besonders glatt wäre. Auch die
thermische "Bewegung" der Spiegelfläche selbst wird ebenfalls nicht im Strehlbegriff ausgedrückt. Schließlich muß man sich beim
Rest-Astigmatismus eines Spiegels fragen, wieviel wirklich dem Spiegel zuzuordnen ist, und schließlich, ab welcher Größe man diesen
dann sehen würde.
Noch differenzierter wird die Angelegenheit, wenn man bei einem Refraktor den Strehlwert auf eine bestimmte Wellenlänge zuordnen
muß und deshalb Strehlangaben für gewöhnlich in der Hauptfarbe Grün gemessen und angegeben wird. Abhängig vom Laserlicht wären
das dann 532 nm wave. Selbst für diesen Fall ist es sinnvoll, den Strehl-Gesamtwert in seine Einzel-Fehler zu differenzieren: Also anteilig
den Astigmatismus, die Koma und die Sphärische Aberration zu ermitteln. Und wenn man dann aus der Fokuslage von Grün bei einem
Refraktor den Strehlwert der anderen Farben ermitteln möchte, dann käme noch die Power hinzu, über die sich z.B. der Farblängsfehler
bzw. die Defokussierung ausdrückt. So rutscht z.B. der Strehlwert einer Farbe, deren Schnittweite weit hinter den anderen Farben liegt,
deswegen "in den Keller", weil die Power über die Defokussierung den Strehl-Wert drückt. Dies alles sind Betrachtungen auf der opt. Achse.
Will man hingegen als Astro-Fotograf eine Information darüber, wie gut eine Optik im Bildfeld abbildet, dann hilft der Strehlbegriff
überhaupt nicht mehr weiter, obwohl man durchaus noch Interferogramme erzeugen kann und an ihnen die Fehler ablesen kann, die
eine Optik im Bildfeld entwickelt.
Diese Vorbemerkung verfolgt die Absicht, u.a. in den RC_Index-Wert nicht mehr hinein-packen zu wollen, als er vermittelt: Es ist eine
Verhältnis-Zahl, mit der man eine Aussage zum sekundären Spektrum einer Optik machen kann, und mit der man gut einen Achromaten
von einem Halb-APO und schließlich einem APO unterscheiden kann. Bei einer Simulation mittels ZEMAX wird deutlich, daß bei der
rechnerischen Ermittlung des Farblängsfehlers über Power und Pfeihöhe, der Gaußfehler sehr wohl berücksichtig wird.
Am Ende dieses Berichtes veranschaulicht eine Grafik diesen Sachverhalt.
Mit oder ohne Glasweg - was wollte der Designer ?
Ausgehend vom AstroPhysic Traveler 105/610 aus Spanien war der Stein des Anstoßes die Frage, ob der Titel "Halb-APO"
bei diesem Refraktor gerechtfertigt sei oder nicht. Nun ist es ja nicht der erste Refraktor von AstroPhysics USA, und nicht
über jedes Exemplar schreibe ich gleich einen Bericht.
Siehe auch : Astro Physics: Starfire EDT APO 155/1395 Super-APO anno 1990 f/9
Dann hatte ich, wie im Bild weiter unten, einen Traveler 105/630 hier (die Daten waren so aufgedruckt), und dessen
RC_Index-Wert lag ziemlich genau in der Gegend des spanischen Refraktor. Auch daß z.B. das rote Spektrum bei diesem
Refraktor sehr weit hinter den anderen Farben liegt, wurde mir damals bereits klar. Der Peter Laub, der ebenfalls diesen
Traveler 105/610 besitzt, stellte mir daraufhin sein Exemplar zur Verfügung, um u.a. der Frage nachzugehen, ob bei
Verwendung eines ca. 50 mm Glasweges, wie sie ein 2" Zenit-Prisma darstellt, zu einem farbreineren Refraktor zu kommen.
Die RC_Index-Zahl würde tatsächlich kleiner werden, aber der Glasweg spiegelt dafür das sekundäre Spektrum regelrecht,
und verlegt das Optimum in Richtung Gelb/Rot, obwohl es vorher bei Grün gemessen wurde, wo es eigentlich hingehört.
Ist also der Traveler tatsächlich mit Glasweg konzipiert - ich habe da so meine Zweifel.
(Durch den Glasweg wird der Schnittweiten-Abstand zwischen Blau und Gelb zwar kleiner zu Lasten von Violett, das nun weiter
hinten den restlichen Farben liegt. Eine Situation, die man eher selten bei einem Refraktor findet.)
Man muß sich ja nicht für eine Lösung entscheiden, und wenn jemand ein geeignetes Prisma hat, dann sollte er das einfach ausprobieren,
zu welchen Ergebnissen bei ihm die Verwendung eines Glasweges führt. Aus diesem Grund sind mehrere Serien entstanden:
A) das Sekundäre Spektrum ohne Glasweg
D) das Sekundäre Spektrum mit 47.37 mm Glasweg und
B) das Sekundäre Spektrum ohne Glasweg aber mit Flattner.
Mit Glasweg liegt Violett mit der g-Linie (435.8 nm wave) 149.6 µ hinter Grün = 0. Die restlichen Farben liegen näher beieinander.
Ohne Glasweg liegt Rot mit der C-Linie (656.3 nm wave) 75.2 µ hinter Grün = 0. Die restlichen Farben liegen näher beieinander.
Rot sieht man nachts weniger, bei Violett könnte man sich streiten.
Für beide Varianten kann man nun den Strehl pro Farbe ermitteln, wenn auf jede Farbe einzeln fokussiert werden würde.
Das wäre die Spalte "Strehl auf jede Farbe". Ohne Glasweg hätten Grün und Gelb jeweils einen Strehl von 0.990. Mit Glasweg
verschiebt sich das Optimum in Richtung Gelb/Rot, dort wären die Strehlwerte am höchsten.
Nun fokussiert man bei einem Refraktor in der Regel auf Grün/Blaugrün bzw. der Farbe, die man am hellsten/besten sieht. Und jetzt
kommt die Defokussierung ins Spiel, die die anderen Farben im Vergleich zu Grün haben. Die Defokussierung drückt also den Strehl
der Nicht-Grünen Farben.
Mit Glasweg fällt dann für Violett der Strehl auf Null, während ohne Glasweg für das hinten liegende Rot immerhin noch 0.510 übrig
bleibt. Sellbst wenn die Farbreinheit zunehmen würde, entsteht mit Glasweg insgesamt eine opt. schlechtere Situation. Aber man
sollte das unbedingt ausprobieren, zu welchen Ergebnissen ein Glasweg-Prisma führt.
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Die beiden Serien zeigen, daß die Farbschnittweiten regelrecht "gespiegelt" werden. Wobei sich der Glasweg im Bereich F bis C noch günstig auswirkt, aber nicht mehr,
wenn man Violett einbezieht. Auch die Verschiebung des Optimums ins längere Spektrum kann gut studiert werden. Um die Spiegelung zu verdeutlichen, ist die zweite
IGramm-Serie (mit Glasweg) horizontal gespiegelt. Damit lassen die sich Farb-Igramme besser vergleichen.
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Vergleicht man die Foucault-Bilder miteinander, so sieht man auch am Foucault-Bild, daß das Spektrum offenbar "gespiegelt" worden ist. Insgesamt könnte man
den Eindruck bekommen, daß das Foucault-Bild mit Glasweg etwas farbreiner wäre. Sicher bin ich mir da aber nicht. Kommt hingegen der Flattner hinzu, dann
vergrößert sich die RC_Indexzahl und führt beim Foucault-Bild zu einer deutlicheren Farbaufteilung. Erstellt man von den Ronchi-Bildern die RGB-Farbauszüge,
dann läßt sich ebenfalls die Verschiebung des Optimums bei der Glasweg-Variante beobachten.
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Für die Fotografie setzt man den Flattner ein zugunsten einer optimalen Abbildung bis zu einem Felddurchmesser von 5.0° Bildwinkel, was einem Durchmesser
von 53.3 mm entsprechen würde. Und für diesen Fall wäre dieses System eine ausgezeichnete Astro-Kamera.
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Der Nachweis wird hier geführt. Wer sich für das Verfahren interessiert, wie man mit einem künstlichen Sternhimmel das Bildfeld einer Optik untersucht, möge diesen
Beitrag lesen: http://www.astro-foren.de/showthread.php?13669-Für-Triplet-APO-s-0-75-Ricardi-Reducer&p=59378
Vor etwas mehr als einem Jahr war schon einmal ein solcher Kandidat hier, und wie man sieht, entsprechen sich auch damals die Daten bzw. die Merkmale. Darüber hatte ich
keinen Bericht geschrieben, kostet ja auch immer etwas Zeit. Eine gewisse Serienstreuung läßt sich aus diesem Beispiel ebenfalls herauslesen. Was der Grund für die
Fokusdifferenz ist, weiß ich leider nicht.
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Bei der von mir verwendeten RC_Indexzahl ermittle ich zunächst die Schärfentiefe bei der Hauptwellenlänge Grün, e-Linie bzw. 546.073 nm wave. Diese Zahl mit
2 multipliziert und mit dem Quadrat der Öffnungszahl ergibt die Schärfen-Tiefe für die e-Linie, auf der ein Durchschnittsauge optimiert ist. Das Spektrum, das ein
ein Durchschnittsauge gut sehen kann, wird in der Luminosity-Kurve dargestellt: Man muß nun nicht unbedingt darauf sistieren, daß sich die Situation beim
Nachtsehen prinzipiell etwas ändert, wenn einem die Argumente ausgehen. Eine andere Frage bezieht sich darauf, wie man genau die Farbschnittweiten der
einzelnen Farbschnittweiten ermittelt. Besonders bei Blau und Rot käme die sphärische Aberration hinzu, sodaß wir es nicht mehr mit einem Schnittpunkt,
sondern streng genommen mit einer Linie auf der opt. Achse zu tun hätten. Siehe auch:
Farblängsfehler messen mit dem Bath-Interferometer , Berechnung über Pfeilhöhe,
Die folgenden Diagramme zeigen die Situation: http://rohr.aiax.de/APM_S_APO-12.jpg http://rohr.aiax.de/ScoposTL906_01.jpg http://rohr.aiax.de/@PL-Leng_06.jpg
Bei all diesen Diagrammen, konzentriert man sich auf die 0.707 Zone, weil dort die größte Fläche des bilderzeugenden opt. Systems liegt. Wenn man deshalb mit einer
0.001 mm digitalen Meßuhr die Farbschnittweiten ermittelt, dann in der 0.707 Zone. Und dann kann man seine Ergebnisse auch mit solchen Diagrammen vergleichen.
Es ist aber weiterhin nicht geklärt, ob z.B. der Gaußfehler den individuellen Farbeindruck wesentlich beeinflußt, oder ob es nicht viel sinnvoller ist, den Gaußfehler eigens
auszuweisen, weil er sich mit dem Farblängsfehler in einer RC_Indexzahl nicht so überzeugend darstellen läßt.
Bei einer Simulation mit ZEMAX wird deutlich, daß bei der rechnerischen Ermittlung des Farblängsfehlers über Power und Pfeilhöhe, der Gaußfehler
sehr wohl in die Betrachtung einbezogen wird. Das dürfte deshalb auch der Grund sein, warum die Ermittlung des Farblängsfehler über eine Digital-
Meßuhr (0.001 mm) immer etwas größere RC_Index-Werte ergibt, weil bei letzterer exakt in der 0.707 Zone gemessen wird, während bei der
rechnerischen Ermittlung der Gaußfehler die Power reduziert/korrigiert (durch die Überkorrektur bei Blau und Unterkorrektur bei Rot) und damit im
Farblängsfehler berücksichtig wird. Sieht man an der Simulation - untere Reihe - deutlich.
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Weil ich kein Freund von theoretisierenden Beiträgen bin, schließe ich wieder einmal diesen Bericht. Wer diskutieren will, muß, soll das tun,
aber dann in einem anderen Thread. Und da kann ich mich dann dazu äußern, wenn ich es für sinnvoll halte.
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