B039 Genesis Tele Vue Fluorite 100-500 Petzval-System RC_Index 4-3218

http://burgenland.astronomie.at/basar.htm
http://www.cloudynights.com/item.php?item_id=1141
http://www.excelsis.com/1.0/entry.php?sectionid=12&entryid=34
http://www.amateurastronomiesachsen.de/praxis/okulare01.htm

Tele Vue : Genesis Fluorite 100/500 - Ein APO ist es nicht - auch kein Halb-APO !

Bei den Händlern wird man dieses Teleskop nicht mehr finden. Auch wäre ein Bericht auf Cloudy Nights aus dem Jahre
2003 auch schon einige Jahre alt. Dort firmiert dieser Refraktor als APO. Farbaufnahmen würden sofort das Gegenteil
beweisen: Die hellen Sterne hätten alle einen Rot-Saum. Prinzipiell ist dieser Fluorite Refraktor ein Petzval-System mit
einem ebenen Bildfeld für die Astrofotografie. Getrübt wird die Erwartung durch eine deutliche Vignettierung bereits
ab 5 mm Achsabstand, weshalb die Zentrierung der Linsen-Paare von der Vignettierung gestört wird, wenn man nicht
ganz exakt auf der Achse arbeitet. Das Bildfeld wäre zwar bis mindestens 30 mm Durchmesser nutzbar, allerding
verursacht in diesem Fall die Vignettierung mindestens 60% Helligkeits-Verlust - also sehr deutlich erkennbar.
Problematisch bzw. "billig" gelöst ist die Zentrierung/Justage der vorderen beiden Linsen. Drei seitliche Halteschrau-
ben verbinden die Linsen-Fassung mit der Tubuswand und erlauben die notwendige Verkippung mit leichten Schlägen
eines Holzhammers - mehr iss leider nicht. Takahashi hat dieses Problem mittlerweile weitaus intellegenter gelöst.

Der kleine gelbe Pfeil zeigt eine der drei auf 120° versetzten Halteschrauben, mit denen man "listig" die im Bild eingeblendete
Zentrierung ermöglichen kann. Dabei muß man über einen Teilerwürfel exakt auf der opt. Achse arbeiten. Bereits ein kleiner
Achsabstand erzeugt für diese Arbeit störende Vignettierung.

Genesis01.jpg

Im Web fand ich diese Feldaufnahme - in schwarz/weiß: Der Farbfehler wird auf diese Art "kassiert".

Genesis02.jpg

Der doppelte Sterntest

Im oberen Teil wäre man exakt auf der optl Achse, aber auch da fällt intrafokal der deutliche Rot-Saum auf, der über eine
deutlich längere Schnittweite für das rote Spektrum = + 173 µ im Vergleich zur Hauptfarbe Grün entsteht. Da die Tiefen-
schärfe bei diesem 100/500 Petzval-System bei 0.0237 mm besteht, ergibt sich eine RC_IndexZahl von 4.3218, das wäre
ein guter Achromat. Mit einer 5µ Pinhole bei 250-facher Vergrößerung im Doppelpaß zeigt sich der Sachverhalt noch deut-
licher, aber die Vignettierung intra/extrafokal ist eindeutig vorhanden und erschwert die Beurteilung der Zentrierung.

Genesis04.jpg

Das wäre ein weiteres Beispiel, wo ich den Sterntest und die Zerlegung in die RGB-Farben nicht für informativ halte.
Ein ausgefranster Rand extrafokal bedeutet Unterkorrektur - im blauen Spektrum nahezu ausgeschlossen, also falsch.
Lediglich den Farblängsfehler von Rot kann man aus dem defokussierten roten Sternscheibchen erkennen, womit über
den Sterntest dieser Fehler nachweisbar wäre - geht aber sehr viel eindrucksvoller über die Farb-Interferogramme.

Genesis05.jpg

Der Gaußfehler wäre im blauen Spektrum unbedeutend, also keinesfalls unterkorrigiert. Für Rot erkennt man die etwas stärkere
Unterkorrektur. Die auf zwei Arten entstandenen RonchiBilder sind nahezu identisch.

Genesis06.jpg

Eine deutliche Farbtrennung beim Foucault-Test spricht nicht gerade für ein besonders farbreines Objektiv. In dieser Übersichts-
Tafel könnte man die Optik bei den ED-Gläsern einsortieren. Deutlich wiederum erkennbar die Vignettierung, diesmal liegt sie
vertikal, wie auch bei den folgenden Interferogrammen.

Genesis07.jpg

Fokussiert und fixiert man das Bath-Weißlicht-Interferometer bei Grün, dann zeigt das Abkippen der mittleren Streifen die längere
Schnittweite im jeweiligen Spektrum an, das man am deutlichsten bei Rot erkennt. Würde man die Backsche APO-Definition an-
legen, hätte man es in keinem Fall mit einem APO zu tun.
Begriff1, Begriff2 , Thomas Back: Apochromasie; saved Link: Roger Ceragiolo/Chapter 4b
In der unteren Reihe wurde auf jede Farbe fokussiert und die Differenz in einer Serien_Messung ermittelt. In diesem Fall kann man
den Gaußfehler gut einschätzen - also lediglich eine leichte Unterkorrektur bei Rot.

Aus der Fokus-Lage der Hauptfarbe Grün mit 0.944 Strehl ergibt sich über die abweichende Power bzw. Defokussierung der
übrigen Farben folgende EinzelStrehls: Für Gelb reduziert sich der Strehlwert auf 0.798 bei PV L/3.6. Für Blau reduziert sich
der Strehl auf 0.476 bei PV von L/1.9 und für Rot mit der stärksten Defokussierung verbleibt ein Strehl von 0.049 bei PV
von L/1. Zieht man für Rot die Power ab, so verbliebe ein Strehl von 0.938 bei PV L/3.3. In diesem Wert steckt noch die
Unterkorrektur drin. Ohne sie wäre der Strehl 0.966 und PV L/4.4. Da man aber die optimale Fokuslage wählt, die in der Regel
bei Gelb-Grün liegt, müssen die Abweichungen aus dieser Position beurteilt werden. Das ergäbe den sog. GesamtStrehl oder
den poly-chromatischen Strehl. Für die Fotografie sind derartige difficile Betrachtungen in der Regel ohne Belang.

Genesis08.jpg

Da in diesem System an irgendeiner Stelle Astigmatismus entsteht - ca. 4% Strehlpunkte -wird der ansonsten hohe Strehlwert
für die Hauptfarbe Grün etwas reduziert auf 0.944, was aber für fotografische Anwendungen total unbedeutend ist. Sehr viel
schlechtere Systeme zaubern sehr schöne ansprechende Bilder.

Genesis09.jpg

Die Wellenfront-Deformation zeigt den Astigmatismus in schöner Deutlichkeit.

Genesis10.jpg

Und nun das Strehl-Ergebnis, das entsteht, wenn die Zentrierung wieder stimmt.

Genesis11.jpg