B030 Borg ED 100-640 Reparatur von Fassungs-Fehlern
14.01.2012 auf astro-foren.de erstellt Borg ED 100/640: Optik OK - Fassung überarbeitet
Die Stunden darf man nicht verrechnen, in denen man versucht, ein unbrauchbares Teleskop in einen einigermaßen vernünftigen Zustand
zu versetzen. Bereits vor drei Jahren hatte ich einen ähnlichen Fall. Auch hier entsprach die Fassung in keiner Weise den Genauigkeits-
Ansprüchen des optischen Systems mit einer Toleranz von max. 0.01 mm seitlicher Versatz und Verkippung der Linsen zueinander. In der
Auseinandersetzung mit dem Borg ED 100/640 wäre die Optik selbst nämlich OK. Der Designer kann allerdings nichts für die Realisierung
über eine unzureichende Fassung, die keine der Genauigkeit-Ansprüche erfüllt - leider.
Das Borg ED landete als Reklamations-Fall wie so oft auf meiner opt. Bank, und sofort war klar, daß die Linsen zueinander kräftig verkippt waren.
Eigentlich müßte man nun dafür eine neue Fassung drehen. Egal wie man es dreht und wendet, man steckt in das Optimierungs-Abenteuer jede
Menge an Arbeitszeit hinein, die man nie in Rechnung stellen kann im Verhältnis zum Verkaufs-Preis, den der Sternfreund bezahlt hat . . .
Die erste Verblüffung ereilte mich, als ich weder PLättchen, noch einen Distanz-Ring, dafür aber ganze sieben dünne Folien-Ringe als "Distanz-Ring"
fand, die zusammen einen Betrag von 1.75 mm ausmachten. Damit war klar, daß nur im allergünstigsten Glückfall das Objektiv richtig zentriert gewesen
sein konnte, ansonsten hat man eine signifikante Koma vor sich und das Teleskop läßt sich nicht mehr scharfstellen. Im Laufe der Auseinandersetzung mit
dem Problem wurde schnell klar, daß die erforderliche Genauigkeit der Optik im Bereich 0,01 mm von der Fassung nicht erfüllt wird, die ihrerseits locker
mit 0.3 mm Toleranz aufwarten kann: Der Durchmesser der Linsen zur Fassung spielt mit 0.3 mm. Die seitliche Phase an der 1. Linse innen ist mit 1.0 mm
viel zu groß. Damit wird die Auflage-Fläche für die Distanz-Ringe mit 0.8 mm zu schmal, besonders deswegen, weil die 7 Folien-Ringe sich unkontrolliert
in der Fassung bewegen. Die Folien-Ringe liegen auch undefiniert auf der konvex-Fläche der zweiten Linse auf: Jeder seitliche Linsen-Versatz führt
sofort zu einer Verkippung der Linsen und damit erneut zu einem Zentrierfehler (Koma).
Leider ist der Hersteller irgendwo in Fernost - und verkauft ist offenbar verkauft. Wer trägt nun das Risiko?
Die Auflage-Situation eines Distanz-Ringes ist also äußerst seltsam definiert: Die erste Linse hat noch eine geschliffene Auflagefläche,
bei der zweiten Linse steht nur die Konvexfläche zur Verfügung. Der Meßschieber zeigt jeweils den Ort der Auflage-Möglichkeit.
Nochmals die Darstellung in einer Zeichnung und zugleich eine Lösung, die noch vertretbar ist. Würde man es ganz genau haben wollen, müßte man
jede der beiden Linsen auch noch seitlich mit je zwei Schrauben x 3 auf 120° vom Umfang fixieren. Damit hat man aber die thermischen Probleme auch
noch nicht im Griff, und bei - 20° unter Null käme vermutlich noch ein Astigmatismus hinzu.
Die signifikante Zentrier-Koma muß also "rauszentriert" werden unter den mißlichen Bedingungen dieser Fassung. Das seitliche Linsen-Spiel muß nach Möglichkeit
auf 0.1 mm verkleinert werden, was prinzipiell immer noch zu groß ist.
Ein Glück, daß der Sternfreund ebenfalls in einem Metall-Beruf tätig ist, und so lieferte er mir einen Distanz-Ring ab, mit dem man dem Problem zu Leibe
rücken konnte. Die über die Folien-Ringe gemessene Distanz von 1.75 mm stimmt deshalb für einen Alu-Ring deswegen nicht mehr, weil dieser sich
nicht der Konvex-Fläche der zweiten Linsen anpaßt, sondern nur mit seiner Innenkante berührt. Aus diesem Grund schliff ich diese auf einer anderen
Konvexfläche erst ein wenig ein.
Der richtige Abstand muß deshalb wieder gesucht werden: Ohne Distanz-Ring wäre das System zunächst deutlich überkorrigiert. Damit wird klar,
daß ein zu geringer Linsenabstand zur Überkorrektur, ein zu großer Abstand zur Unterkorrektur führt, was sich mit einem Ronch-Test sehr gut
überprüfen läßt. Bei 1.75 mm fing ich an, bei 1.45 mm hatte ich dann das Optimum erreicht. Dazwischen messen, feilen, messen, feilen, messen,
immer mit einer Toleranz von nur 0.01 mm, die prinzipiell noch geringer ist. Mehr kann aber der Meßschieber nicht.
Allmählich nähert man sich dem Optimum - zwei Tage sind schon ins Land gegangen - und damit läßt sich abschließend der jetzige Zustand darstellen.
Mit PV L/6.1 wird man den Astigmatismus nicht mehr wahrnehmen, die sphärische Aberration ist auf PV L/17 geschrumpft, lediglich die
Koma liegt bei einem Wert von PV L/3.3, was man im Normalfall auch nicht mehr wahrnimmt. Aber den Strehlwert drückt: Beugungs-
begrenzt ist das Objektiv aber in jedem Fall. Ohne diesen Zentrierfehler wäre man allerdings bei stolzen 0.955 Strehl. Nur der fällt dem
Eigenleben einer unzureichenden Objektivfassung zum Opfer - leider.
Auch die PSF-Darstellung läßt sich sehen
und zuletzt das Ergebnis meiner Bemühungen, aus diesem Borg ED doch noch ein brauchbares Teleskop zu machen. Mehr iss nich.