B029 Borg ED 100-640 mit Schlieren Zentrier-Problem bei Fassung gelöst

Borg ED mit Schlieren

Siehe auch diesen Bericht: http://www.astro-foren.de/showthread.php?p=32102#post32102

Ein höchst empfindlich Teil, dieser Borg ED 100/640 und laut Tubus-Aufdruck ein APO - wers
glaubt. Zwei Linsen mit einem Distanz-Ring mit ca. 0.02 mm Dicken-Unterschied und als Haupt-
Problem eine Fassung, die mit ca. 0.2 mm Luft zu groß dimensioniert ist. Das führt dazu, daß
eine erzielte Zentrierung sofort Makulatur ist, wenn man das Objektiv nur um 180° dreht.
Verschicken darf man eine solche Optik eigentlich nicht, denn diese "Linse" kommt im Normal-
fall nie so an, wie sie im optimalen Zustand eigentlich war.
10 Jahre wäre das Teil alt, eine Garantie nicht mehr diskutabel, also konnte man darüber nach-
denken, wie man all diese Probleme in den Griff kriegt. Die schonendste Lösung wäre gewesen,
die Linsen in ihrer optimalen Position festzukleben mit Silikon-Masse. Es war zwar gut gedacht,
aber die 180° Drehung bewies, so geht es nicht. Die nächste Option war eine Justier-Lösung mit
je zwei auf die Linsenmitte zeigenden M5 Justierschrauben, die nicht länger als 3 mm sein durften,
den so dick wäre die Wandung der Fassung selbst. Als ehemaliger Feinmechaniker auch kein
Problem, nur eine ganze Reihe von Puzzle-Arbeiten bis die Schrauben fertig waren. Zwei davon sind
ohnehin in der Tiefe der Drehbank verschwunden.

BorgED-G01.jpg

Im Optimalen Zustand lohnte es sich schließlich, die Qualität dieses "Apochromaten" - so die Aufschrift -
genauer zu untersuchen: Der Farblängsfehler entspricht den Ergebnissen, wie ich sie mittlerweile von vielen
ED-Gläsern habe. Den Farblängsfehler erkennt man jeweils am unterschiedlichen Farbsaum, und bereits
beim Sterntest, läßt sich der Schlierenfehler eindeutig nachweisen.

BorgED-G02.jpg

In seiner ganzen Pracht erkennt man die Schlieren im Foucault-Test und noch deutlicher im Lyot-Test

BorgED-G03.jpg

Auch mit Ronchi läßt er sich nicht verstecken.

BorgED-G04.jpg

Das gewohnte Bild: Blau überkorrigiert, das Optimum bei Grün und im roten Spektrum unterkorrigiert, wie es
üblicherweise sein muß. Störend wirkt sich der Schlieren- bzw. Flächenfehler aus, zusammen mit einer
RestComa im Bereich von ca. 5 % vom Strehlwert. Eine besondere Auffälligkeit ist auch die Verkippung.
Im Feld reagiert das Objektiv sofort mit Astigmatismus - das Objektiv ist also eher auf der Achse
sehr gut, fotografisch wird man Einbußen hinnehmen müssen.

BorgED-G05.jpg

Wenn diese Optik genau so beim Sternfreund ankommt, wie es augenblicklich auf der opt. Bank aussieht,
dann können wir uns glücklich schätzen. Die Chancen stehen aber mittlerweile besser, als zuvor. Für alle
Fälle hier noch eine Justieranleitung, die aber mit äußerster Sensibilität am Stern erfolgen sollte, vor allem
den Schraubenzieher nur zwischen zwei Fingern drehen und jeden Druck vermeiden, am besten vorher anrufen.

BorgED-G11.jpg

Dieser farbreiner Achromat in der Qualität eines Zeiss AS Objektivs, wären da nicht die Schlieren, hat also
sein Optimum bei 546.1 nm wave.

BorgED-G06.jpg

Ohne die Störungen würde das Interferogramm so aussehen.

BorgED-G07.jpg

Die Abblidungsleistung wäre auch sehr gut.

BorgED-G08.jpg

Die Rest-Deformation der Wellenfront, Coma wäre abgezogen

BorgED-G09.jpg

Und hier das Ergebnis ohne Coma, und unten eingeblendet mit Coma. Alles in allem ein sehr gutes Objektiv.

BorgED-G10.jpg

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Die Justieranleitung nochmals ausführlicher:

ich bin mir mittlerweile ziemlich sicher, daß das Objektiv wieder dezentriert ankommen wird.
Das ist aber diesmal überhaupt kein Beinbruch !

Man befestigt das Teleskop so auf der Montierung, daß die Punktmarkierung auf der Linsenfassung bei abgezogener
Taukappe nach oben zeigt und die Justierschrauben-Paare in etwa nach 10:00, 02:00 und 06:00 Uhr zeigen. Danach
schaut man sich mit einem kurz-brennweitigen Okular 4-9 mm einen Stern in mittlerer Höhe an, bzw. noch besser den Polarstern.


BorgED-G11.jpg

Angenommen, das leicht defokussierte Sternscheibchen hat das Aussehen wie in der Skizze: Dann hätte
man bei ca. 03:00 Uhr einen helleren Lichtkern und eine elliptisch nach links verschobene Umrandung.
(Noch deutlicher zeigt sich dies, wenn der Lichtkern bei 03:00 Uhr steht und nach links ein schöner
"Kometen-Schweif" zeigt. Alle anderen Fälle gelten analog)

Man sucht sich einen kleinen Elektroschraubenzieher der vorne max. 3 mm breit und 0.6 mm dünn sein
muß, wegen der Schrauben-Schlitze. Ist die Dezentrierung wie im Beispiel zu sehen, dann hätte man
bei 03:00 Uhr den Lichtpunkt und nach links den Komaschweif. In diesem Falle muß die vordere Linse
je nach Platz in der Fassung nach 09:00 Uhr geschoben werden, oder die hintere Linse nach 03:00 Uhr,
durch Drehung der Justierschrauben im Uhrzeigersinn. Die Drehungen selbst sind winzige Beträge im
Bereich von 1°-20° höchstens. Die Verschiebungs-Beträge im Mikron-Bereich !!! Also hauchzart agieren!
Übrigens: Wenn man mit den Justierschrauben die jeweilige Linse "schiebt", dann die gegenüber-
liegenden Justierschrauben ein klein wenig öffnen bzw. gegen den Uhrzeigersinn drehen. Nach
erfolgter Justage wieder ganz leicht anziehen.

Das Ganze muß äußerst behutsam gemacht werden, den Schraubenzieher also wirklich nur zwischen zwei
Fingern drehen. Druck erzeugt zuallererst Astigmatismus, den man vermeiden sollte. Auf diese Art kann man
das Objektiv sehr exakt zentrieren und diese Zentrierung hält, solange das Objektiv nur auf der Montierung
bewegt wird. Jedenfalls läßt sich die Dezentrierung oder Achskoma jetzt sofort ohne Schwierigkeit beheben
und man erreichte eine nahezu perfekte Zentrierung.

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Hallo Robert,

BorgED-G01.jpg

die Fassung-Wand mißt gerade mal 3 mm exakt. Links geht es zum Okular und rechts ist die Objektiv-
Öffnung. Dort ist rechts ist eine flache Nut eingedreht, in der ein Velourstreifen liegt. Darüber schiebt sich
die Taukappe, die von hinten bzw. okularseitig mit einem Überwurfring gesichert ist, damit sie nicht nach
vorne herausgezogen werden kann. Zwischen dem Außendurchmesser der Objektiv-Fassung und dem
übergestülpten Taukappen-Rohr sind allerhöchstens noch 0.5 mm Luft, sodaß ein 0.1 mm Klebestreifen die
einzig mögliche Sicherung darstellt, und das hatte ich auch so gemacht.

Frustriert war ich jedoch, als ich das Objektiv an den restlichen Tubus anschraubte und hernach unter-
suchte, was denn mit der vorherigen exakaten Zentrierung passiert war. Die war schlichtweg wieder im
"Eimer". Einziger Unterschied, jetzt war das Objektiv fest mit dem Tubus verbunden. So ähnlich muß es
wohl auch dem Sternfreund gegangen sein.

Also wieder weg mit den Sicherungsstreifen der Justierschrauben und erneut das Objektiv justiert, bis es
wieder stimmte. (Zuviel Schraubendruck führt sofort einen Astigmatismus ein!) Ich kann also damit
rechnen, daß der Transport sein Übriges tut. Also bleibt mir nur die Wahl, wenn der Sternfreund das Teil
von Bremen aus nicht abholen soll, daß ich ihm zumindest eine genaue Zentrier-Anleitung in die Hand
drücke. Dann dann ist es für ihn ein Kinderspiel, den "Transportschaden" zu beheben.

Eine neue Fassung muß man nicht unbedingt drehen! Aber ein passender Schraubenzieher muß noch ins Zubehör, weil viel billiger.

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Hallo Robert,

Quote:

ja, es ist echt ärgerlich, wenn man sich so viel Mühe gibt und wegen nicht bedachtem Design seitens der Hersteller man sich wer weiss was einfallen lassen muss.


Ärgerlich zwar, aber dem Sternfreund nützt nur eine verläßliche Lösung:
Nachdem nun die Linsen justabel sind (ein großes Glück) war schließlich die
Frage, wieviel "Luft" zur Fassung innen hat eigentlich der Distanz-Ring, der
die zwei Linsen mit gleichem Innenradius auf 1.9 mm Abstand hält.
Nun, dieser Distanz-Ring hatte ganze 0.5 mm "Luft", soll heißen, wenn eine
erzielte Justage perfekt war, dann schob der sich in die andere Richtung,
und schwupps war alle Mühe wieder im Eimer.

OK, nun könnte man den ebenfalls mit Schrauben fixieren, die dürften aber
nicht dicker als 1.9 mm sein, weil man sonst auf die Linsen drückt, so man
ganz genau gebohrt hätte.
Oder aber man nimmt einen Zwei-Komponenten-Kleber, und trägt außen auf
120° jeweils einen dünnen "Faden" auf, um den dann hernach auf der
Drehbank vorsichtig wieder abzudrehen, bzw. den 3. Stützpunkt vorsichtig
mit der Feile abzunehmen, bis dieser Distanz-Ring ohne Spiel in der Fassung
sitzt und da bleibt, wo er einmal war.

Dabei muß das Objektiv jeweils sauber vor dem Planspiegel kollimiert sein,
sonst macht sich sofort Koma und Astigmatismus bemerkbar, die aber vom
Feld herrühren, und nicht von der Zentrierung auf der Achse.

Nach dieser gedanklichen Vorbereitung war es dann gerade soweit. Der
Ring sitzt jetzt paßgenau. Die zwei Linsen sind wieder genau da, wo sie sein
müssen, und ein zusätzlicher roter Punkt auf dem Tubus zeigt an, wo oben
ist - denn dort wäre er nun perfekt.

Habe das gute Teil ein paar mal vorsichtig in die Luft geworfen und wieder
aufgefangen, so wie die Post das macht, und welch ein Wunder, die Zentrierung
scheint zu halten. Wauuu!

Wenn der Sternfreund seinen Borg wieder hat, dann interessiert mich nur
noch, ob es immer noch so perfekt ist, wie gerade auf meiner opt. Bank.

Astro-Heil !

BorgED-G20.jpg


BorgED-G21.jpg