B013 Vixen ED 115 S - 890 - mit Glasweg fast ein APO PhNoa
Vixen ED 115 S - mit Glasweg fast ein APO
Den Teleskopen sieht man oft nicht an, wann sie gefertigt worden sind. Bei diesem Exemplar hätte man eine vergleichsweise
sehr gute Optik vor sich, wenn man die früheren Berichte über Refraktoren mit ähnlichen optischen Daten Revue passieren
läßt. Zusätzlich steht weiterhin die Tauglichkeit spektraler Untersuchungen an. Eine Erkenntnis läßt sich erneut bestätigen:
Mit einem Zenit-Prisma von ca. 50 mm Glasweg wird dieser Vixen Extra-Low ED Refraktor ein ganzes Stück farbreiner. Signi-
fikante optische Fehler hat dieser Refraktor nicht und unterscheidet sich von einem gleichen Teleskop, das hier getestet
wurde: Auswertung (Leider nicht in der Hauptfarbe Grün)
Je nach Standpunkt kann man aber zu ganz unterschiedlichen Ergebnissen kommen:
Wer sich auf die mathematische Formel versteift, der nimmt das arithmetische Mittel der SchnittweitenDifferenz von F und C,
und teilt diesen Betrag durch die SchärfenTiefe. Kleiner 1.0 wäre die RC-Indeszahl für einen APO, zwischen 1.0 und 2.0 wäre
dann der Halb-APO oder ED-APO und größer 2.0 wäre dann das FH-Objektiv. Solche Zeitgenossen plagen einen dann mit
geforderten Untersuchungen mit und ohne Glasweg, und daraus resultierenden RC_Index-Ermittlungen, um ihren mathema-
tischen Standpunkt zu pflegen.
Wer als Stern-Beobachter die Sache beurteilt, argumentiert mit der abnehmenden Rot-Empfindlichkeit unserer Augen in der
Nacht, besonders, wenn der Designer aus genau diesem Grund das rote Spektrum weit nach hinten verlegt hat. Dann rücken
die Schnittweiten der übrigen Farben zusammen und das Objektiv erscheint als farbreiner.
Daß auch unsere Augen individuell verschieden sein können, ist ein weiterer Aspekt.
Es gibt also genügend Möglichkeit, sich ausufernd in den Sozialen Medien zu streiten - wer es braucht.
Im Jahre 2010 war diese Diskussion noch einigemaßen interessant, vorwiegend über Zeiss APQ-Objektive die entweder
mit oder ohne Glasweg gefertig worden waren. Im Jahre 2019 tendiere ich eher dazu, derartige Untersuchungen einmal
selbst am Himmel durchzuführen. Man muß also nicht immer das Rad neu erfinden wollen, bzw. sämtliche Testreihen
erneut durchführen zu wollen.
Ohne Glasweg entstehen die für ein Halb-APO typischen Sternscheibchen, an denen der Farblängsfehler gut zu erkennen ist: Der
Rotsaum intrafokal weist auf die längere Schnittweite für das rote Spektrum hin, das Gleiche gilt umgekehrt für Gelb und Grün
extrafokal. Die Scheibchen-Fläche ist weitest-gehend störungsfrei intra/extrafokal, was ein erster Hinweis auf eine gute Optik wäre.
Bei hoher Vergrößerung und entsprechend kleiner Pinhole (5 µ) kann man die Farbsituation noch mehr überzeichnen. Der Praxis am
nächsten wäre der künstliche Sternhimmel, der die längere Schnittweite für Rot ganz eindeutig zeigt, was mit Glasweg fast auf
die Hälfte verkürzt ist. Mit einem Solar Continuum Filter würde man nur das grüne Spektrum erhalten, und dann hätte man
eine sehr hohe Auflösung - mag für die Sonnenbeobachtung interessant sein.
Der Gaußfehler läßt sich über intrafokale RonchiGRamme (13 lp/mm) qualitativ am besten darstellen, und da hätte man bei Grün =
546.1 nm wave = e-Linie ein perfektes Teleskop, so man die Restfehler erst einmal hint-anstellt. Bei 510 nm wave, das wäre das
blaugrün und die durchschnittliche optimale Empfindlicheit unserer Augen in der Nacht, hätte man bereits ein leicht überkorrigiertes
System. Gelb (d-Linie = 587.6 nm) und noch mehr Rot (C-Linie = 656.3 nm) wäre unterkorrigiert, wie es prinzipiell immer bei diesen
Optiken der Fall ist. Diesen Fehler nennt man Gaußfehler oder farbabhängigen Öffnungsfehler.
Der Glasweg hat möglicherweise auch einen positiven Einfluß auf diesen Fehler, wie später noch nachgewiesen wird.
Die Unterscheidung, ohne Glasweg / mit Glasweg, läßt sich am besten über ein farbiges Interferogramm darstellen. Da wäre die Länge
der dunklen Streifen in der Mitte ein deutlicher Hinweis, den man aus dem Foucaultbild und dem Ronchi-Bild nicht so eindeutig heraus-
lesen kann. Jedenfalls ergibt die mechanische Vermessung via Interferometrie und einer 0.001 mm Meßuhr, mit Glasweg deutlich
kürzere Schnittweiten bei wechselnder Anordnung der Farbschnittweiten.
Die folgende Übersicht untersucht mehrere Aspekte: Während das Blau der F-Linie mit 486.1 nm wave noch ca. 50 Micron vor den
anderen Farben liegt, wäre die Schnittweite für violett (f-Linie = 435.8 nm wave) bereits hinter Rot und das tiefe Violett (h-Linie
= 404.7 nm wave) hätte eine noch längere Schnittweite. Nur nimmt man das visuell überhaupt nicht mehr wahr, ebenso die ent-
sprechende Überkorrektur in diesem Spektrum.
Bei den hell-violett eingefärbten Strehl-Werten hätte man die aktuellen Strehl-Werte im jeweiligen Spektrum, also mit den Rest-
fehlern aus sphärischer Aberration, Coma und Astigmatismus, also der Strehlwert, wenn auf jede Farbe fokussiert worden ist.
Nun kann man aber aktuelle Refraktor-Systeme nur vergleichen, wenn man die Fertigungs-Fehler wie Koma und Astigmatismus heraus-
rechnet. Zusätzlich ist die Festlegung auf die Hauptfarbe Grün dem menschlichen Auge geschuldet, und damit der visuellen
Nutzung. In diesem Fall kann man sich zusätzlich noch über die Gewichtung der Farben außerhalb von Grün streiten. Für andere
Anforderung müßte man eine völlig neue Bewertung aufmachen. Um überhaupt zu einer Vergleichbarkeit zu kommen, empfiehlt es
sich, die bei Designern üblichen Spektren in Form der Fraunhoferschen Linien zu benutzen. Und nur wer keinen Wert auf Systematik
legt, holt sich Interferenz-Filter, die dann ganz bestimmt in kein System passen.
Zusätzlich zum gemessenen Farblängsfehler die Gegenkontrolle über die Power->Nanometer-in-Schnittweiten-Umrechnung. Hier käme
das Vixen ED 115 S sogar noch besser weg, zumindest aber sind es ähnliche Werte, also ein Hinweis, daß die Vermessung tendentiell
stimmt.
Für Riskant und methodisch wenig überzeugend halte ich den Versuch, einen Poly-Strehl über die Meßtechnik ermitteln zu wollen.
In dieser Übersicht ist der Fokus zunächst auf die Hauptfarbe gelegt, und im Strehl-Wert der anderen Farben stecken nur der
Farblängsfehler in Form der Streifen-Abweichung (nach oben/unten) und der Gaußfehler drin. Koma und Astigmatismus sind als
Fertigungsfehler zwingend herausgerechnet, da man sonst keinen Vergleich mit anderen Systemen durchführen kann. In dieser
Hinsicht ist aber bereits der Vergleich ohne/mit Glasweg eindeutig. Einen PolyStrehl-Wert braucht man z.B. gar nicht, wenn man
nur beide Diagramme miteinander vergleicht. (Siehe weiter unten)
Der quantitative Strehlwert - mit OpenFringe bei 532 nm wave ermittelt mit 0.964 und mit AtmosFringe bei 546.1 nm wave mit
0.965 läßt dieses Ergebnis als sehr wahrscheinlich aussehen. Bei OpenFringe waren es mindestens 30-40 Streifen, bei AtmosFringe
entsprechend weniger.
Ein Strehl von 0.965 für die Hauptfarbe Grün erfüllt in jedem Fall die Thomas Back Definition für diese Spektral-Farbe. Für Blau und
Rot kann man diskutieren, ob die APO-Bedingungen erfüllt wären. Thomas Back APO-Definition Zusammenfassung
Nach dessen Definition wäre die PV-Wertabweichung aus Power und spherical ohne Glasweg Blau = L/4.4, Rot = L/1.6
während mit Glasweg die PV-Wertabweichung für Blau = L/4.9 und für Rot L/2.6 wäre, und damit für Blau den L/4 PV-Wert
erfüllt, für Rot dagegen nicht. Insofern wäre das in Analogie zu meinem RC_Indexwert.
Jedenfalls das Referenz-IGramm für die Hauptfarbe bei 546.1 nm wave.
Vergleicht man diese Übersicht mit der vorausgegangenen ohne Glasweg, ergibt sich eine deutlich bessere und farbreinere Situation.
Zudem die Schnittweiten der Farben sich umkehren.
Und schließlich die Übersicht. Auf dieser Basis sollte man nun andere Systeme vergleichen können, da beide Fehler, der Farblängsfehler
und der Gaußfehler im Strehlwert ausgedrückt sind, ohne daß die Notwendigkeit besteht, das nochmals in einem PolyStrehl-Wert
zusammen zu fassen. Für hochwertige Optiken bedeutet dies, daß die Hauptfarbe bei Strehl 0.99 anzusiedeln wäre, an den Rändern
Blau und Rot wäre ein vergleichweise hoher Strehl, bei Halb-APOs oder Achromaten, würde über den Farblängsfehler der Strehl für
Blau und Rot deutlich nach unten abweichen, wie die Version ohne Glasweg bereits sehr deutlich zeigt. Hier ist es die längere
Schnittweite von 207 Mikron Abstand zu Grün, die die Streifen nach unten kippen und somit der Strehl-Wert sinkt. Damit wird zugleich
deutlich, daß ein weiterführender Erkenntnis-Gewinn nur bei ähnlichen Systemen - wie hier - überhaupt sinnvoll ist.
Weitere Vixen-Berichte:
Fluorite APOs im Vergleich (Vixen, Takahashi)
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