B007 Sky-Watcher ED 120-900 Halb-APO

Auch China-Refraktoren werden laufend besser

Vergleicht man den etwas "größeren Bruder" mit dem SkyWatcher Vorläufer-Typ 100/900, dann
bleibt die Farbreinheit dieses ED-Refraktors trotz des Durchmessers 120 mm nahezu erhalten, bzw. ein
Abblenden auf den kleineren Durchmesser 100 mm ergibt sogar eine Index-Zahl von 1.4074 (gegen über
1.7239 des Vorläufers). Der Nachfolger wäre also im direkten Vergleich bereits farbreiner, weil die Schnitt-
weite von Rot nähe an die Hauptfarbe Grün gerückt ist. Bis zu einer Indexzahl von 2.00 beim 120/900
SkyWatcher kann man immer noch von einem Halb-APO sprechen.

Anlaß für diese Untersuchung war ein Lichtenknecker Zweilinser 125/1900, der prinzipiell deutlich
überkorrigiert war, und im Laufe von 20 Jahren erhebliche Mängel an der Vergütung durch gründliche
"Reinigung" erfahren hatte. Mit diesem Refraktor, der bei fast gleicher Öffnung die halbe Brennweite,
und damit die doppelte Lichtstärke anzubieten hat, dürften die Wünsche des Sternfreundes mehr als
erfüllt werden, nachdem er bereits mit dem Lichtenknecker FH Zit. "sehr zufrieden" gewesen sei: Der
Himmel verzeiht offenbar viel mehr, als die optische Bank.

Offenbar wurde das Design nochmals überarbeitet, da in dieser Version das rote Spektrum nur ca. 180 µ hinter
der Hauptfarbe Grün liegt, während beim Vorläufer Rot noch mit ca. 300 µ hinter der Hauptfarbe lag. Ein
Vorteil für den Vorläufer ist ebenfalls die etwas größere Tiefenschärfe von 0.0885 mm innerhalb derer eine
Reihe von opt. Fehlern verschwindet. Durch die etwas größere Öffnungs des 120/900 ergibt sich eine etwas
kleinere Tiefenschärfe von 0.0614, was rechnerisch die Farbreinheit drückt. Alles in allem ein guter Kompromiß
bei etwas größerer Öffnung.

@SkyWatch_ED120-01.jpg

Versuchsweise einmal der Vergleich des Sterntestes im einfachen Durchgang und im doppelten Durchgang, was
hinsichtlich des Farblängsfehlers offenbar keine signifikanten Unterschiede zeigt. Lediglich die exakte Einstellung
ist mit der Autokollimations-Anordnung exakter, weil im doppelten Durchgang. An den Farbsäumen kann man
sofort die Lage der Spektralfarben ablesen: Blau und Rot liegen hinter Gelb und Grün und erzeugen intrafokal
den violetten Farbsaum extrafokal kehrt sich die Situatiuon um, jetzt bildet Gelb-Grün den Farbsaum, weil diese
beiden Farben kürzer fallen. Wie im späteren Foucault-Test erkennbar, hat das Objektiv keinen signifiklanten
Öffnungsfehler: Der Restfehler bewegt sich im L/40 Bereich PV der Wellenfront, ist aber beim Sterntest bereits
wahrnehmbar - im doppelten Durchgang aber nun sehr viel deutlicher. Eventuelle Anzeichen von Koma sind
entweder der exakten Kollimierung des Testaufbaues zuzuordnen, oder der Zentrierung der beiden Linsen, auf
dem übernächsten Bild (artificial Sky) jedenfalls ist Koma zu erkennen, etwa in der Gegend von 4 Prozentpunkte
Strehl.

@SkyWatch_ED120-02.jpg

Die theoretische Auflösung wird in jedem Falle erreicht und ist über meinen künstlichen Sternhimmel nachweisbar.
Mit einem Doppelsternpaar (5 µ Abstand) ergibt sich rechnerisch der Betrag von 1" 15 arcsec und damit
nahezu identisch mit dem theoretischen Wert. Selbst der Doppelstern-Abstand von 4µ ist auf dem Foto noch
erkennbar und man wäre bei 0.92 arcsec.
Im Vergleich dazu hätte das 125/1800 Objektiv von Lichtenknecker rechnerisch eine Airy-Disc bei 550 nm wave von
0.01932 mm bei einer Auflösung von 1 " 107 arcsec. Im fotografischen Vergleich wäre es restlos eingebrochen,
hauptsächlich wegen der Überkorrektur aber auch der Flächenstruktur. Das soll am Himmel im direkten
Vergleich untersucht werden.

@SkyWatch_ED120-03.jpg

Hier nochmals der Referenz-Sternhimmel - unter dem Mikroskop vermessen.

@SkyWatch_ED120-04.jpg

Im Bereich Gelb bis Rot, 587.6 nm wave bis 656.3 nm wave ist dieser ED-APO bzw. Halb-Apo im Optimum, wenn die
Zentrierung perfekt, und die Kollimierung vor dem Planspiegel ebenfalls, dann liegt der Strehl bei 0.995 bei
einem PV-Wert von knapp L/13 PV der Wellenfront. Trotzdem zeigt dieser Test natürlich noch Restfehler,
deren Flächenanteil allerhöchstens 20% beträgt und unter L/20 PV liegt.

@SkyWatch_ED120-05.jpg

Für ein ED-Apo bewegt sich der Gaußfehler im üblichen Rahmen, erkennbar an der Überkorrektur bei Blau, die bei Gelb
allmählich verschwindet, weil dort das Optimum liegt.

@SkyWatch_ED120-06.jpg

Die Definition, was ein APO ist, läßt sich mindestens auf zwei Arten ermitteln. Die obere Reihe von Interferogrammen
repräsentiert die Backsche Version, bei der der Fokus auf die Hauptfarbe "eingefroren" wird. Die untere Reihe
repräsentiert die ältere Version von Lichtenknecker, mit der ich arbeite. Hier wird über eine Index-Zahl ein stufenloses System möglich,
innerhalb dessen man alle Refraktoren einsortieren kann. Neben dem Gaußfehler ist auch sehr gut die Rest-
Koma in den Interferogrammen erkennbar.

@SkyWatch_ED120-07.jpg

Das Streifenbild bei 587.6 nm wave.

@SkyWatch_ED120-08.jpg

Nach Abzug von ca. 4% Koma-Einfluß bleibt ein marginaler dreieckiger Astigmatismus übrig, den man selbst auf der opt.
Bank nicht mehr sieht, offenbar aber noch im Interferogramm steckt.

@SkyWatch_ED120-09.jpg

Weil man darüber diskutieren kann, wo die zweifache Ursache der Restkoma liegen könnte, wurden die beiden
Ergebnisse ausgewiesen, nach Abzug also der hohe Strehlwert von 0.995, ohne diesen Abzug der immer noch
hohe Strehl von 0.952. Für ein ED-Glas eine preislich sehr gute Leistung.

@SkyWatch_ED120-10.jpg

Nach Konrad Lorenz Zit:"Maßgabe des evolutionären Prinzips, wonach das Bessere der Feind des Guten" ist es nicht
verwunderlich, daß auch dieser SkyWatcher ED im Equinox einen Nachfolger gefunden hat, der noch farbreiner
sein soll, was aber über den Sterntest auch qualitativ nicht ganz zweifelsfrei nachgewiesen ist. In diesem Fall
würde ich der Farbschnittweiten-Messung und einer Indexzahl mehr vertrauen. Schaut man sich hinsichtlich des
Öffnungsfehlers die unteren Sternscheibchen an, dann hätte auch der Equinox einen leichten Öffnungsfehler.

@SkyWatch_ED120-11.jpg

Die Schnittweiten der Spektral-Farben liegen ähnlich wie in meinem Fall: Gelb-Grün gefolgt von Blau-Rot, wobei die
obere Bildleiste so nicht stimmt. Nach dem Farbsaum zu urteilen, gehört dieses Bild (gelber Pfeil) auf die
intrafokale Seite. Außerdem ist das Bild derart überbelichtet, daß die Information verloren geht. Man könnte es nämlich
als die Überkorrektur interpretieren, die im blauen Spektrum auch bei mir erkennbar ist. Überkorrektur zeigt sich beim
Sterntest intrafokal als ausgefranster Rand. Demzufolge hätte der Nachfolger Equinox im blauen Sppektrum auch eine
gut sichbare Überkorrektur. Das Sternscheibchen beim Equinox würde bedeuten, daß der Öffnungsfehler ebenfalls
nicht verschwunden ist; siehe hier: http://rohr.aiax.de/@SkyWatch_ED120-05.jpg
Es ist aber zu vermuten, daß beim Equinox die rote Schnittweite noch näher an Gelb-Grün heranrückt, weil extrafokal
das letzte untere Sternscheibchen einen ganz schwach ausgeprägten roten Rand hätte und dafür ganz links unten
der Rand beim Sternscheibchen stärker blau-grün zeigt. Den Preisunterschied kenne ich derzeit noch nicht -
interessanter wären für mich die konkreten Werte des Farblängsfehlers beim Equinox. Vielleicht interessiert es Teleskop-Service ja auch.

Anmerkung: Denkbar wäre auch, daß das jeweils mit Pfeil gekennzeichnete Sternscheibchen die Orginal-Größe
darstellt vom links daneben verkleinerten Sternscheibchen im Fokus. Für diesen Fall wäre aber dann
der Unterschied zwischen dem SkyWatcher 120/900 zum Equinox nicht so gravierend, d.h. der SkyWatcher
optisch sogar besser, betrachtet man den Rand des weißen inneren Scheibchens.

@SkyWatch_ED120-12.jpg

 

You have no rights to post comments

Kommentare   

# kimbuuu 2017-05-20 18:00
Top Test. Auch wenn schon fast 10 Jahre alt :)